Lange – vier Jahre seit Ankündigung 2018 - musste der geneigte Interessent auf Bachmanns neu konstruierte Gresley V 2 der LNER warten. Warum das auch immer so lange gedauert hat - es hat sich gelohnt. Für mich war diese V 2 gesetzt, immerhin hat mich diese Maschine vor knapp fünfzehn Jahren zu den britischen Bahnen gebracht. Doch urteilt selbst:
L.N.E.R. V 2 class no. 4791. Bachmann 35-200SF.
Die 1936 vom Chefingenieur der LNER, Sir Nigel Gresley, eingeführte Klasse V 2, nach der ersten Maschine auch als „Green Arrow“ class bezeichnet, war eine Mixed Train Loco und wurde tatsächlich sowohl für Eilgüterzüge als auch im schweren Schnell- und Personenzugdienst eingesetzt. Zwischen 1936 und 1944 wurden 184 Maschinen gebaut, die bis 1966 im Einsatz standen.
Die 1‘ C 1‘ Dreizylinder-Heißdampfmaschinen erwiesen sich als ausgesprochen gelungene, leistungsstarke und vielseitige Konstruktion. Insbesondere unter Kriegsbedingungen bewährten sie sich vor langen Schnellzügen.
Bachmann V 2 no. 4791, Heizerseite.
Modell
Das Modell ist eine komplette Neukonstruktion und hat mit dem alten Split Chassis-Modell bzw. dessen überarbeiteter Ausführung nicht zu tun. Bachmann hat im ersten Schwung je eine LNER, BR early und eine BR late crest aufgelegt. Hinzu kommen einige commissioned versions von Rails, überwiegend der Era 3 (Ep. II). Das hier vorgestellte Modell der 4791 ist die LNER-Normalausführung und entspricht in Farbgebung und Beschriftung dem Ablieferungszustand bis zur Umnummerierung 1946.
Profilansicht.
Mein Modell musste leider wegen einer Hemmung eines der Kuppelradsätze eine Ehrenrunde zurück auf die Insel drehen. Das zweite Exemplar ist diesbezüglich einwandfrei. Die Tenderradsätze allerdings eiern bei beiden Modellen. Bachmann scheint es nicht hinzubekommen, sauber zentrierte Radsätze zu produzieren.
Details & Finish
Die Proportionen des Vorbilds sind sehr gut getroffen. hervorragend getroffen. Handläufe, Griffstangen und Aggregate sind separat (und fehlerfrei) angesetzt und weisen geringe Materialstärken auf. Die Lackierung in lined apple green ist gleichmäßig umgesetzt, die Zierlinien sind einwandfrei aufgebracht. Auch die übrige Bedruckung ist einwandfrei und scharf. Der Führerstand ist aufwändig farblich gestaltet.
Das Fahrwerk ist komplett aus Metall – die Radsätze sind gegossen, Treib- und Kuppelstangen sind aus Metall. Eine dunkle Vernickelung des Gestänges hätte dem Modell gut gestanden, aber hier ist eben der Neuzustand dargestellt.
Fokus auf die Lok.
Technik & Laufeigenschaften
Das Modell ist mit einem 5-poligen Motor ohne Schwungmasse ausgestattet, der über Schneckengetriebe die letzte Kuppelachse antreibt, die übrigen Kuppelachsen werden über die Kuppelstangen mitgenommen. Serienmäßig ist ein Feuerbüchsflackern verbaut, das digital betrieben werden kann. Wie im Vereinigten Königreich bei Dampflokmodellen üblich, weist auch dieses Modell sonst keine Spitzen- oder Schlussbeleuchtung auf. Lok und Tender sind durch eine kulissengeführte und trennbare Lok-Tender-Kupplung verbunden, die auch die Kabelage aufnimmt. Die Kupplungsaufnahmen entsprechen NEM 362, sind aber leider nicht kulissengeführt.
Die Fahreigenschaften des Modells sind ausgesprochen gut. Aus der Packung läuft das Modell sehr weich an und beschleunigt dann langsam hoch. Die Geräuschkulisse ist angenehm leise. Langsamfahreigenschaften und Stromaufnahme sind top. Die Stromabnahme erfolgt durch die Kuppelachsen und die äußeren Tenderachsen, hat also eine recht lange Basis. Das Modell hat auch mit längeren Güterzügen am Haken zugkraftmäßig keine Probleme, so dass die Zugkraft in der Ebene auch ohne Haftreifen gut ausreichend ist.
Die Lok-Tender-Deichsel neigt unter Belastung zur Schiefstellung des Tenders. Das Phänomen ist in den britischen Foren bereits diskutiert worden, mal sehen, ob ich eine Lösung finde.
Die Nachlaufachse ist ab Werk ohne Spurkranz nachgebildet. Ein Radsatz mit Spurkränzen liegt bei. Hintergrund ist, dass das Cartazzi-Außenlagergestell beim Vorbild fest im Rahmen gelagert ist und gerade nicht seitenbeweglich ist. Marktüblich ist seit einiger Zeit die korrekte fixe Darstellung dieses – auch bei anderen Gresley-Konstruktionen wie A 1, A 3 und A 4 verwendeten – Lagergestelles. Aufgrund der festen Außenlager besteht konstruktiv nicht genug Platz für eine Seitenverschiebbarkeit der Nachlaufachse, die Radien unter ~ 460 mm erlauben würden. Der Radsatz mit Spurkränzen ist ab 480 mm einsetzbar. Ich habe diesen montiert, da der spurkranzlose bei langsamer Fahrt Bogenweichen überbrückt und so Kurzschlüsse verursacht.
Schräg von vorn.
Sound
Das Modell ist mit einer MTC-Schnittstelle (21-polig nach NEM 660) ausgestattet. In der Soundversion steckt darin ein ESU LokSound 5, der seinen Sound über einen 10x15 mm Lautsprecher mit kleiner Schallkapsel abgibt. Dies und das fortschrittliche Soundprojekt verhelfen dem Modell zu einem recht ordentlichen Sound. Das Soundprojekt ist auf dem aktuellen Stand – Dampf weg bei geschlossenem Regler, optionale Lastfahrt usw. Die Bremstaste ist hier sinnvollerweise als Schnellbremstaste programmiert.
Fazit
Sehr attraktives und gut laufendes Modell dieser vielseitig einsetzbaren Lokomotive. Macht sich hervorragend sowohl vor Gresley Teaks als auch vor langen Güterzügen. Die V 2 hatte übrigens auch Pullman-Züge am Haken.