Mit den dreifach gekuppelten Maschinen der J 27-Klasse hat Oxford Rail eines der auf der Insel weit verbreiteten workhorses umgesetzt. Von den erhältlichen Versionen stelle ich hier die LNER-Ausführung in lined black vor.
LNER J 27 class no. 1214, Oxford Rail OR76J27004XS.
Im Gegensatz zur Reichsbahn zu der Zeit wurden im Vereinigten Königreich auch in den Zwanziger bis Fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch reichlich C-gekuppelte Güterzuglokomotiven eingesetzt – und im Übrigen bis in die Vierziger Jahre auch noch neu beschafft. In Deutschland hatte man die Neubeschaffung laufachsloser C-Kuppler mit Schlepptender spätestens 1905 eingestellt (die preußische G 4[sup]3[/sup] war die letzte ihrer Art in Deutschland). So standen in UK erheblich modernere, neuere, leistungsfähigere und insbesondere laufruhigere C-Kuppler zur Verfügung.
Die J 27 -Klasse stammt von der North Easter Railways (N.E.R.). Die Maschinen wurden von deren Chefingenieur Wilson Worsdell im Jahre 1906 als Klasse P3 als verstärkte Version der Klasse P2 (später LNER Klasse J 26) geschaffen. Die ersten 80 Stück wurden 1906-09 als Nassdampfmaschinen in Dienst gestellt. 1921-22 folgten 35 Maschinen in Heißdampfausführung. Ursprünglich wiesen die Nassdampf-J27 Ramsbottom-Sicherheitsventile auf, während die Heißdampf-Maschinen Ross-Ventile hatten. Ab 1932 wurden auch die Nassdampf-Maschinen mit letzteren ausgerüstet, zudem wurden einige Nassdampfmaschinen auf Heißdampf umgebaut. Mitten im Krieg, ab 1943, wurden die meisten Heißdampfmaschinen wieder auf Nassdampf rückgebaut, warum auch immer.
Der Einsatzbereich der Maschinen umfasste ursprünglich Streckendienst vor Kohle- Erz und gemischten Güterzügen. Ursprünglich waren die Maschinen im alten N.E.R.-Netzwerk zu finden, nach der Amalgamation kamen sie auch in East Anglia (G.E.R. area) in Carlisle und in Edinburgh zum Einsatz. Nach dem 2. Weltkrieg kamen die J 27 nur noch vor Kohlezügen zum Einsatz. Ab 1959 wurden die ersten Maschinen ausgemustert, was sich bis 1967 hinzog. Eine einzige (65894, ex LNER 2392) blieb erhalten.
…and here we go...
Modell
Profilansicht.
Das im Jahre 2021 neu konstruierte Modell ist natürlich in allen relevanten Varianten der Epochen I, II und III erhältlich. Für meine Zwecke passt die LNER lined black Version mit der Betriebsnummer 1214 am besten, das ist die Ausführung der Zwanziger und frühen Dreißiger Jahren, ersichtlich an der Betriebsnummer auf dem Tender unter dem Schriftzug „L. & N. E. R.“. Später wurde die Betriebsnummer auf der Führerhausseitenwand angebracht und auf dem Tender stand nur noch „LNER“. Zudem entfielen bei Güterzugloks die Zierlinien.
Details & Finish
Die Proportionen des Vorbilds sind sehr gut getroffen. Handläufe, Griffstangen und coal rails weisen geringe Materialstärken auf und sind einwandfrei montiert. Die Lackierung ist makellos in seidenmattem schwarz gehalten. Die Zierlinien sind einwand- und fransenfrei gedruckt, die vorbildgerecht sparsame Beschriftung ist gleichfalls gut gelungen. Wie auf der Insel üblich ist der Führerstand farblich durchgestaltet.
NER P3 / LNER J 27 im Ursprungszustand. So richtig viel dran war an den Loks nicht…
Das Fahrwerk – bei diesen Maschinen mit Innentriebwerk sieht man außen nur die Kuppelstange und weder Steuerung noch Zylinder – ist in Ordnung. Die Radsätze sind aus Kunststoff, während die Kuppelstange aus dunkel eloxiertem Metall ist. Die Rahmenwangen sind etwas basic, hier findet sich kaum ein Niet.
Fokus auf die Lok.
Technik & Laufeigenschaften
Die technische Ausstattung entspricht dem Standard auf der Insel: Lok-Tender-Verbindung und NEM-Kupplungsaufnahmen mit starrer Deichsel, elektrischen Verbindungen zwischen Lok und Tender als separate Kabel, kein Licht.
Die Fahreigenschaften sind sehr ordentlich. Das Maschinchen läuft sehr früh und ruckfrei an, hat sehr gute Kriecheigenschaften, liegt stets satt im Gleis und bleibt über den gesamten Regelbereich ausgesprochen leise. Hier zahlt sich die in Richtung Betrieb ausgerichtete Konstruktion aus. Die Lok besteht aus Metall, der Tender aus Kunststoff. Der 5-polige Motor mit Schwungmasse in der Lok treibt über Schneckengetriebe die letzte Kuppelachse an, alle Achsen werden zur Stromabnahme herangezogen. Das Modell ist mittelmäßig untersetzt, nicht ausreichend für eine Maschine, die höchstens 70 km/h gelaufen sein dürfte. Digital aber kein Thema.
Haftreifen sind – wie leider Standard auf der Insel - nicht aufgezogen. Das Modell ist mit 381 g für die Größe relativ schwer, so dass die Zugleistung für vorbildgerechte Züge Güterzüge ausreichen sollte.
Elektrik/Sound Das Modell verfügt über eine MTC-Schnittstelle (NEM oder MKL ist egal, keiner der AUXe ist belegt), in der bei der Soundversion ein ESU LokSound 5 steckt. Lautsprecher (10x15 mm) nebst Schallkapsel befinden sich im Tender. Der Sound ist sehr ordentlich, das Soundprojekt kann jedenfalls Zwangsleerlauf und die Zylinderschläge bleiben beim Wegnehmen der Last stumm. Das Klangvolumen ist recht voll, im Verhältnis zur Größe der Schallkapsel ohnehin.
...im fahlen Winterlichte…
Fazit
Die kleine J 27 von Oxford Rail ist ein hervorragendes Modell eines klassischen englischen work horse zum Betrieb machen: Sehr gute Fahreigenschaften, perfekt getroffene Proportionen, zugkräftig (für UK-Verhältnisse) und mit gutem Sound. Und preislich im Rahmen. Das macht Spaß und lässt über den einen oder anderen fehlenden Niet am Rahmen locker hinwegsehen