ein lieber Modellbahn-Kollege hat mir dieses Forum empfohlen, also habe ich mal eine Zeit lang bei Euch gestöbert. Ich bin N-Bahner seit den 1990er Jahren, vorher bin ich mit der LGB meines Großvaters "aufgewachsen". Ich habe Verwandte in UK und mal eine Zeit lang in Nordirland gelebt, außerdem bin ich Schottland-Fan. Offenbar verarbeite ich den Brexit in Form einer Phase starken Interesses an britischer Bahn. So ist im Oktober 2020 das Projekt "Mallaig Junction" entstanden, das ich mit diesem Thread begleiten möchte. Ich freue mich auf einenen spannenden Austausch und Euer Feedback.
Ein neues Projekt. Es ist immer wieder ein erwartungsvolles und anregendes Gefühl, eine neues Modell zu planen, das Vorbild dazu auszusuchen, die Umsetzungstechniken abzuwägen und sich ein Bild davon zu schaffen, wie es am Ende aussehen soll. Es ist dieses ständige Prüfen, wie man eine gegebene Originalsituation im Modell umsetzen könnte. Alles was ich in der Natur sehe und was mir gefällt, unterziehe ich fast schon unbewusst dieser Prüfung – könnte man das nachbauen, so dass sein Charakter erhalten bleibt? Während ich hier über seine Anfänge schreibe, steht der fast fertige Anlagen-Unterbau im Nebenzimmer. Es ist das erste Mal, dass ich mich auf das Abenteuer einlasse, eine Eisenbahn-Originalsituation maßstäblich nachzubauen. Und zwar so, dass auf dem nachgebildeten Ausschnitt ein unterhaltsamer, sinnvoller Modellbahnbetrieb möglich ist. Das Projekt soll ein „Gesamtmodell“ sein, also nicht nur ein nachgebauter Ausschnitt der realen Welt sein, sondern auch ein Betriebskonzept, ein Gestaltungskonzept, ein Stellwerkkonzept und ein Aufbewahrungskonzept haben. Letzteres war sogar Voraussetzung dafür, dass ich überhaupt mit dem Bau beginnen konnte – irgendwo muss die Anlage ja hin verschwinden, wenn sie nicht benutzt wird. Dass der Nachbau maßstäblich sein soll, spielt im Prinzip keine große Rolle. Er könnte genauso gut erfunden, verkürzt, oder aus mehreren Originalelementen komponiert sein. Aber die Möglichkeit, den Gleisplan einfach aus dem Luftbild abzukupfern, finde ich attraktiv. Maßstäbliche Modelle von Fahrzeugen, Gebäuden oder sogar Pflanzen sollten doch in einer maßstäblichen Umgebung gut zur Geltung kommen. Natürlich kann mit szenischer Kompression mehr Dichte und Wirkung erzielt werden. Vielleicht ist mein Maßstäblichkeits-Mantra für eine gute Wirkung des Gesamtmodells sogar eher hinderlich. Wie auch immer, das wird sich im Laufe dieses Projekt zeigen.
Vorbildwahl Um es kurz zu machen: hier soll es um die Nachbildung einer Abzweigstelle in West-Schottland gehen. Die Wahl eines Anlagenvorbilds hat klarerweise immer etwas Willkürliches, vor allem für außenstehende. Für mich ist sie natürlich das naheliegendste der Welt. Zu dieser Wahl kam es so: ein Britischer Kleinhersteller hat ein Bausatz-Gleissystem für Spur N herausgebracht, auf das ich im letzten Sommer aufmerksam geworden bin. Es verwendet feine Code-40 Schienenprofile und bildet „Bullhead Track“ nach, also Gleise mit einem vor allem in Großbritannien verbreiteten, inzwischen historischen Bullenkopf-förmigem Querschnittsprofil der Schienen. Mitsamt einem aus reichlich gegossenen Stahlteilen bestehendem Befestigungssystem auf den Schwellen, das ein sehr charakteristisches Aussehen hat. Kurzum, das wollte ich einmal verwenden, denn ich finde es schaut wirklich gut aus. Ich bin wohl so eine Art Modellgleisfetischist.
Gerade in Spur N hat sich leider im Gleissektor in den letzten zwanzig, vielleicht dreißig Jahren nicht viel getan. Die im letzten Jahrtausend entwickelten Gleissysteme der Großserienhersteller sind funktional aber klobig. Nur die britische Firma Peco hat vor einer gefühlten Ewigkeit das Code 55 „Streamline“ System herausgebracht. Hier sind die Schienenprofile nur noch ca. 25% zu groß. Es ist quasi der Standard für N-Anlagen. Es spricht für mich wirklich nichts gegen das Code 55-System, außer dass ich es seit ca. 20 Jahren anschaue. Ich brauche einfach etwas Abwechslung. Hier kam „British Finescale“ mit seinem bezahlbaren Code 40 System ins Spiel und hat gleich einen Nerv bei mir getroffen. Dadurch, dass die Schienenprofiele durch die „Stühle“ (chairs) ein Stück über den Schwellen gehalten werden, ist dieses Modellgleis auch mit Achsen befahrbar, die noch ältere hohe Spurenkränze haben. Und ich finde, es sieht wirklich gut aus. Also, Bullhead Track, dann natürlich auch ein britisches Vorbild.
Die West Highland Line in Schottland habe ich selbst schon mehrmals besucht, und aufgrund unverrichteter älterer Pläne auch eine stattliche Bibliothek dazu zusammengetragen. Beim Durchblättern eines Bildbandes blieb ich bei dem für festland-europäische Augen sehr eigensinnig scheinenden Gleisbild der Mallaig Junction bei Fort William hängen. Eine alte Brücke über den Westkopf der Abzweigstelle hat immer wieder Fotografen dazu eingeladen, auf diesem Blickwinkel Bilder zu machen. Irgendwie scheint da eine zweigleisige Strecke mit allen beiden Gleisen in einem eleganten Bogen in das einzelne Gleis einer zweiten Strecke einzufädeln. Diese scheinbar skurrile Begebenheit lenkt Aufmerksamkeit auf sich. In Wirklichkeit sind es zwei eingleisige Strecken, die hier zusammenkommen, die eine kommt aus Glasgow („West Highland Proper“) und die andere aus Mallaig an der schottischen Westküste („West Highland Extension“). Das scheinbar zweite Streckengleis auf der Extension stellt sich bei genauerer Untersuchung als ein im Bereich der Abzweigstelle liegendes Kreuzungsgleis heraus. Kurz die Weichen gezählt – am Bild waren drei zu sehen, da war klar, Mallaig Junction soll es sein!
Mangels eigener Bilder der genauen Vorbildsituation (lässt sich leicht Googlen) hier ein paar Eindrücke von meinem ersten Besuch der West Highland Line 1999. Das letzte Bild zeigt den Caledonian Sleeper in Fort Wiliam, nur wenige 100 yards von Mallaig Junction entfernt.
Da möchte ich Dich doch mal bei uns "Verrückten" willkommen heißen. Da haßt Du Dir ein schönes Projekt ausgesucht. Ich baue auch an einer modularen N Anlage mit Schottischen Thema. Bei meiner Anlage handelt es sich aber um eine fiktive Strecke. Wobei der Endbahnhof von seinen Gleisplan her an Mallaig angelehnt ist, ich habe aber den Depotteil abgeändert, und mich da beim Gleisplan an Kyle of Lochalsh orientiert. Es handelt sich aufgrund der Räumlichkeiten auch nicht um eine Maßstäbliche Nachbildung. Der Modulare Teil meiner Anlage ist entsprechend der FREMO Great-britN Norm gebaut. Hier findest Du meinen akutellen Anlagen Thread. Lochdubh and Achnasheen Railway
Herzlich willkommen. Ein interessantes Vorbild, ich freue mich auf die Umsetzung im Modell.
Dein Signal diagram sieht super aus. Wie hast du das gemacht, mit einem Vector Programm über eine Vorlage gezeichnet? Ich habe mir in Railmodeller ein eigenes Gleissystem für sowas gebastelt, damit bekomme ich allerdings nicht diese fließenden Linien hin.
Ich hoffe du nimmst es mir nicht übel, wenn ich Punkte beim Signal diagram anmerke?
Aus den Sidings links von der Signalbox fehlt, meiner Meinung nach, ein Trap Point und eine Disk als Flankenschutz vor der Strecke. Die Weichen der Sidings bräuchten eigentlich auch nicht mit Grundstellung gezeichnet werden, die abzweigenden Stränge der beiden Weichen könnten verbunden sein.
Das home signal aus Richtung Banavie Canal Bridge und die facing point locks, die ich an den Weichen 12, 16, 19 und der grauen Weiche vorsehen würde, wären rein aus Vollständigkeitsgründen für das diagram cool, auch wenn sie nicht im Modell dargestellt werden.
Nachtrag: Disk 25 und Junction signal 25 aus Richtung Fort William, sollten unterschiedliche Nummern haben.
danke für den freundlichen Empfang. Die Lochdubh and Achnasheen Railway habe ich natürlich schon gesehen :) Die FREMO Great-britN Norm ist natürlich für mich auch interessant, ich werde ggf. einmal Adapterstücke bauen.
Hallo Mac,
lieben Dank für den Kommentar. Für solches Feedback zeige ich die Sachen ja hier im Forum, also immer her mit Verbesserungsvorschlägen! In der Tat fehlt dem Yard ein Flankenschutz. Im Original gab es mal einen Headshunt, der dann wie es ausschaut später auf eine Trap Weiche reduziert wurde, für beides habe ich keinen Platz. Da an dieser Stelle der Übergang zum nicht gestalteten Fiddle Yard stattfindet, habe ich darauf verzichtet. Ein Disk Signal wäre aber vielleicht noch unterzubringen, da muss ich mal in meinen Stellwerksplan reinschauen. Wäre für den (Mehrpersonen-)Betrieb wirklich interessant.
Das Signal Box Diagram ist in Anlehnung an das Original (wurde mal versteigert, davon findet Google ein unscharfes Bild) in InkScape gezeichnet - war nicht seh aufwändig. Ich mache solche Sachen gerne wärend Videokonferenzen, wo ich nur zuhören muss :) Der Hinweis mit der nicht-notwendigen Grundstellung im Yard ist gut, das wusste ich nicht. Die Facing Point Locks einzeichnen ist auch eine gute Idee, muss ich mir anschauen wie das symbolisiert wird. Ich möchte im Diagram aber nur Sachen einzeigen, die es in meinem Stellwerk auch gibt, und da sind konzeptionell kombinierte Point+Lock levers in blau-schwarz vorhanden.
Und 2 x Signal 25 ist ein Tippfehler, auch Danke dafür!
mein Plan ist ca 1955-1965, also letzte Dampfloks und erste Dieselloks.
Apropos 1965, aus der Zeit habe ich ein Foto gefunden mit unstenstehendem Signal. Habt ihr eine Ahnung, worum es sich da genauer handelt? Danach waren es dann weiss-rote Scheiben.
interessantes Video. Du hast ein Prinzip erfunden, mit dem sich eine Fahrstraßensteuerung erstellen lässt. Wie verriegelst du später die Fahrstraßen? Mit dem Signalhebel?
Was du gebaut hast, entspricht dem deutschen Verschlussprinzip. Die Briten verwenden den Kaskadenverschluss, bei dem es mehr seitliche Stangen gibt als beim deutschen Prinzip. Außerdem werden die Verschlussstangen nicht so wie beim deutschen Prinzip vom Stellwerksbediener bewegt, sondern bewegen sich passiv durch die Hebelbewegung hin- und her. Es heißt Kaskadenverschluss, weil sich die Weichen auch gegenseitig verschließen können. Die "Fahrstraße" baut sich Stück für Stück auf, als vorletztes wird der Signalhebel umgelegt. Mit der Zugannäherung wird der Signalhebel in der Fahrtstellung festgehalten. Bei der deutschen Technik verschließen die Fahrstraßenhebel alle Weichen auf einmal, dann wird die Fahrstraße von einem Gleichstromblockfeld festgelegt, welches gleichzeitig den Signalhebel freigibt. Die Reihenfolge von Signalfahrtstellung und Fahrstraßenfestlegung ist also umgekehrt.
Anyway, egal nach welchem Prinzip du dein Stellwerk aufziehen möchtest: Wenn du deine Verschlusstabelle aufgestellt hast und einen check engineer / Planprüfer brauchst, dann lass es mich wissen.
danke für die genaue Analyse. Sehr aufschlussreich für mich. Na ja, das kommt halt raus, wenn ein Deutscher in Österreich ein britisches Stellwerk baut :)
Im Prinzip ist die Variante des Verschlusses durch die Signale aber in der Holz-Metall-Technik besser umsetzbar. Passiv bewegte Riegel bräuchten viele 90 Grad Umsetzer, und damit das ohne zu viel Spiel umsetzbar wird, würde das wohl eher eine feinmechanische Präzisionsaufgabe ...
Jedenfalls habe ich hier bei Euch in zwei Tagen schon viel gelernt, danke dafür!
Damit die Zugfahrten durch Mallaig Junction auch sicher vonstatten gehen, soll die Junction mit einem Modellstellwerk mit echter mechanischer Verriegelungsfunktion ausgestattet werden. So etwas habe ich schon einmal bei meinem kleinen N-Bahnhof Oberpyrkersdorf umgesetzt, aber der kam mit einer einzigen Verriegelungsstange aus – das wird hier anders werden.
Die Grundidee des Stellwerks, die sich eher an deutschen Vorbild-Konstruktionen orientiert, besteht darin, Stellstangen für die Weichen durch orthogonal dazu verlaufende Stellstangen für Signale bei Bedarf zu verriegeln, bzw. auch das Bewegen der Signalstangen unmöglich zu machen, wenn die Weichen nicht passend dazu stehen. Erleichtert wird dies durch die Tatsache, dass beim britischen Signalsystem jeder Fahrweg seinen eigenen Signalflügel hat.
Der vollständige Plan von Mallaig Junction ist an dieser Stelle rekonstruiert worden: https://www.rmweb.co.uk/community/applic....php?id=1078378 Davon realisiere ich nur einen Teil, verwende aber die Original-Nummern soweit möglich. In der folgenden Tabelle sind die aus meiner Sicht notwendigen Verriegelungen ersichtlich. Die erste Zeile sagt zum Beispiel aus, dass bei Fahrt auf Signal 2 die Weiche 12 gerade liegen muss (Flankenschutz, denn so bleibt Disk 12 auf Halt), Weiche 19 auf Abzweigt, und die Trap Point 21 muss auch Flankenschutz geben.
Wo ich mir noch nicht ganz im Klaren bin ist, wie Disk 26 zu handhaben ist. Stimmt meine Annahme, dass sie bei allen Fahrten von rechts über Weiche 12 auf "off" stehen muss, also auch für Züge nach Spean Bridge? Und dann eben auch einzeln, um das Rangieren in den Yard freizugeben?
bitte ändere die Nummer deiner Disc 12 im Diagram in 11. Außerdem muss es in der Überschrift deiner Tabelle Trap 21 heißen. In der Tabelle fehlt außerdem eine Zeile für Signal 11.
Ich mache mir mehr Sorgen, wie du von Signal 25/27/29 zur Disc 26 kommst. Aktuell kannst du von Signal 27 aus nur auf die Up Main rangieren.
Vielleicht gefällt dir folgender Vorschlag. Du kannst, wenn ich das richtig überblicke, mit den Fahrstraßenstangen 3 Positionen abbilden. Mein Vorschlag lautet: Binde die Signale 5, 26, 29 und 27 in eine Fahrstraßenstange ein. Grundstellung ist rechts. Das Bewegen in die Mittelstellung geht nur, wenn die Weichen 12, 16 und 19 in Pluslage liegen. Diese Weichen werden dann in dieser Mittelstellung verschlossen. Die Mittelstellung gibt gleichzeitig die Signale 5, 26 und 27 frei. Bei Fahrtstellung von 26 wird die Linksstellung der Fahrstraßenstange freigegeben, diese gibt dann wiederum Signal 29 frei. Wenn du es perfekt machen möchtest, lässt du die Signale 5 und 27 in der Linksstellung der Fahrstraßenstange nicht zu.