das Wörterbuch "Deutsch-Englisch: 420.000 Stichwörter von Karl W. Bergemann" übersetzt wie folgt:
Rolling stock diagramm = Umlaufplan für Triebfahrzeuge und Reisezugwagen
Mir persönlich würde Schema oder Fahrzeugübersicht besser gefallen. Unter Umlauf kann ich (und wohl die meisten Nicht-Engländer) sich genau so wenig vorstellen wie unter Diagram. Ich musste vor ein paar Tagen auch erstmal googeln was damit gemeint sein soll.
Felix hat Recht mit dem (Um)Laufplan als deutsches Pendant, wir verwenden aber bei uns meist den Begriff Diagramm, wenn wir ueber UK-Laufplaene sprechen.
Neben rolling stock diagrams gibt es auch locomotive diagrams, EMU oder DMU diagrams (alles Laufplaene) und driver diagrams (Tf-Schichten).
okay wieder was gelernt, aber man bezeichnet doch mit Diagram auch eine bestimmte Bauart von Loks oder Wagen. Also zumindest steht bei Maßzeichnungen (Drawings) oft dabei ... Diagramm xy oder sonstwas.
was Deutsche in UK sagen, wenn sie über Umlaufpläne sprechen, ist mir nicht bekannt. Daher danke für die Einsicht, Stef.
Ich möchte hier kurz auf die betriebliche Umlaufplanung eingehen, weil das doch eher Spezialwissen ist.
Wer regelmäßig Bahn fährt, dem wird schon mal aufgefallen sein, dass bestimmte Fahrten täglich stattfinden, aber nicht notwendigerweise vom selben Fahrzeug durchgeführt werden. Der Hintergrund ist, dass zwischen der einzelnen Fahrt und dem eingesetzten Fahrzeug noch eine Zwischengröße vorhanden ist, der sogenannte Umlaufplan.
Üblicherweise finden genausoviele Fahrten auf einer Strecke in die eine Richtung statt wie in die Gegenrichtung. Dann ist es in der Regel vorausbestimmt, welche Rückfahrt das angekommene Fahrzeug übernehmen wird. Am Ausgangsort angekommen ist es wiederum meist so, dass es genauso vorausgeplant ist, wann das Fahrzeug eine neue Fahrt übernehmen wird. Solche Verkettungen von Hin- und Rückfahrt nennt man einen Umlauf.
Ein Umlauf ist nicht vom einzelnen Fahrzeug abhängig. Ein Umlauf wird von einem Fahrzeug "besetzt", dies ist normalerweise vorausbestimmt, kann sich aber z.B. bei einem Schaden auch ändern. Gibt es beispielsweise 6 Fahrzeuge, und es werden auf einer Linie normalerweise nur 5 benötigt, dann ist das sechste die sogenannte Reserve. Fällt nun Fahrzeug 1 aus, und es ist noch früh genug am Morgen, dann kann das Reservefahrzeug 6 auf den Umlauf von Fahrzeug 1 gesetzt werden und aus Fahrgastsicht finden alle Fahrten normal statt.
A pro pos Umlaufzahl: Die Zeit, die ein Umlauf vom Startbahnhof bis zum Zielbahnhof und zurück bis zur nächsten Abfahrtszeit am Startbahnhof benötigt, nennt man Umlaufzeit. Beispielsweise beträgt die Umlaufzeit bei einer Fahrzeit von 2h zwischen A und B mit jeweils ½h Wendezeit an beiden Endbahnhöfen genau 5h. Verkehrt die Linie stündlich, dann ergibt sich daraus, dass 5 Umläufe benötigt werden.
Die benötigte Fahrzeugzahl ergibt sich aus der Umlaufzahl plus Betriebsreserve plus Werkstattreserve. Die Betriebsreserve ist dazu da, spontan ausgefallene Züge zu ersetzen, also im Beispiel oben das sechste Fahrzeug. Die Werkstattreserve ist die Anzahl Fahrzeuge, die man zusätzlich besitzen muss, um bei Fahrzeugrevisionen genug Fahrzeuge zu haben. Alle paar Jahre muss ein Fahrzeug gründlich untersucht werden, das kann Monate dauern. In dieser Zeit steht die Werkstattreserve planmäßig nicht zur Verfügung. Für bahnbetriebliche Untersuchungen ist die Werkstattreserve i.d.R. uninteressant; bei akademischen Fragestellungen rund um die benötigte Umlaufzahl wird diese meist mit dem Hinweis, dass die Werkstattreserve bei der zur Verfügung stehenden Fahrzeugzahl schon abgezogen ist, nicht weiter betrachtet.
In Deutschland wird in der Regel strikt nach der Regel geplant, dass Umläufe linientreu bleiben, also meist nur hin- und herfahren. In wenigen Fällen gibt es sogenannte kombinierte Umläufe von Linien, dabei fährt ein auf der einen Linie ankommendes Fahrzeug auf einer anderen Linie weiter und umgekehrt. Ein Beispiel ist die Umlaufverknüpfung der RB12 und RB25 in Berlin Ostkreuz: Die RB12 aus Templin kommt jede Stunde zur Minute :05 in Berlin-Ostkreuz an und fährt zur Minute :20 auf der Linie RB25 nach Werneuchen. Zur Minute :36 kommt aus Werneuchen ein Fahrzeug in Berlin-Ostkreuz an und fährt zur Minute :47 nach Templin auf Linie RB12 weiter. Der Umlauf geht dann also Templin > Ostkreuz > Werneuchen > Ostkreuz > Templin und dauert entsprechend lang, dennoch spart man einen Umlauf und damit ein Fahrzeug ein im Unterschied zu dem Fall, wenn man die Umläufe der beiden Linien trennen würde.
Die Berliner S-Bahn ist meines Wissens der einzige Bahnbetrieb, der die Umlaufnummer öffentlich anzeigt. Auf dem folgenden Bild ist eine S42 mit Umlaufnummer 14 zu sehen.
Die Umlaufnummer wird auf einer Rolle in der rechten Ecke im Führerstand angezeigt. Morgens beim Ausrücken aus dem Depot wird festgelegt, welchen Umlauf das Fahrzeug heute befährt. Im Umlaufplan ist bis zum Betriebsschluss spätabends festgelegt, welche Fahrten das Fahrzeug durchführen wird.
In Bezug auf UK ist die Frage nach den Umläufen deswegen von Interesse, weil ja @blackmoor_vale wissen wollte, welche Umläufe zurzeit von Pacern besetzt werden.
Stehen weniger Fahrzeuge zur Verfügung als es Fahrzeuge gibt, dann fällt ein gesamter Umlauf aus. Der Umlauf ist dann durch kein Fahrzeug oder alternativ durch ein "nicht vorhandenes" Fahrzeug besetzt, dennoch geht die Vorhersagbarkeit des Umlaufs über den Tag hinweg nicht verloren. Hier mal ein Beispiel aus dem Berliner S-Bahn-Alltag:
#S45 – es ist ein Zug zu wenig im Einsatz. Jede 4. Fahrt entfällt. Nächste Ausfälle ab #Südkreuz: 9:08, 10:28, 11:48. Ausfälle ab Flugh. #SXF: 9:45, 11:05, 12:25. @SenUVKBerlin@VBB_BerlinBB
Die S45 hat einen Takt von 20 Minuten, eine Umlaufzeit von 80min und daher 4 Umläufe.
Allgemein habe ich den Verdacht, dass in UK die Umlaufpläne in den großen Franchises etwas anders konzipiert werden. Dort scheint eher das – ich nenne es jetzt mal so, das ist kein Fachbegriff – "Pooling"-Prinzip zur Anwendung zu kommen. Dabei wird in großen Bahnknoten nicht die genaue Rückfahrt vorausgeplant, sondern das Fahrzeug kommt in einen "Fahrzeug-Pool", aus dem es dann für die Rückfahrt wieder entnommen werden kann. Es kann aber auch spontan auf eine andere Fahrt übergehen und ein anderes Fahrzeug die eigentliche Rückfahrt übernimmt. Vorteil dieses Prinzips ist, dass es leichter ist, einen spontanen Fahrzeugausfall zu kompensieren, indem ein eigentlich anderweitig verplantes Fahrzeug in solch einem Bahnknoten aus dem Pool entnommen wird; der Ausfall betrifft dann eine andere Strecke. Dadurch kann man die Fahrzeugversorgung von wichtigen Strecken bei Ausfällen besser aufrechterhalten. Nachteilig ist zum einen, dass man für solch ein Konzept meist mehr Fahrzeuge braucht als unbedingt notwendig, nur um den Pool gefüllt zu halten, und andererseits dass das Verlegen eines Ausfalls auf eine andere Strecke genau dann wieder problematisch wird, wenn das ursprünglich ausgefallene Fahrzeug, das sich ja noch irgendwo auf der wichtigeren Strecke befindet, wieder betriebsfähig wird und man nun erneut mit spontanen Fahrzeugwechseln zwischen den Linien den ursprünglichen Zustand wiederherstellen möchte.
Leider wird der Begriff Umlauf manchmal etwas unscharf auch bei der Fahrzeugeinsatzplanung benutzt. Ich zeige das mal anhand eines Bildes von 1990 nahe London Paddington:
Links ist ein Triebwagen zu sehen, Class 121, Wagennummer 55029, Set-Nr. L129. Rechts ist das zweiteilige Set L263 zu sehen, bestehend aus Class 104 Wagennr. 53540 und Class 121 54289. Die Set-Nummern entspringen der Fahrzeugeinsatzplanung; es hat sich jemand bei Network SouthEast bei der Planung Gedanken gemacht, wie viele einteilige und wie viele zweiteilige Einheiten benötigt werden. Aus welchem Wagenmaterial diese bestehen, ist egal, daher die Vergabe der Set-Nummern. Sind nun die Set-Nummern das gleiche wie Umläufe? Die korrekte Antwort darauf heißt: Praktisch ja, theoretisch nein. Network SouthEast hat die Umlaufpläne anhand der Set-Nummern erstellt, aber wenn ein Fahrzeug ausfällt, dann hätte auch ein Reservefahrzeug den Umlauf für die Dauer des Ausfalls übernehmen können. Dann würde für beispielsweise einen Tag die angeschriebene Set-Nummer nicht mit der Umlaufnummer übereinstimmen.
okay wieder was gelernt, aber man bezeichnet doch mit Diagram auch eine bestimmte Bauart von Loks oder Wagen. Also zumindest steht bei Maßzeichnungen (Drawings) oft dabei ... Diagramm xy oder sonstwas.
Viele Grüße Bernhard
Dieses diagram übersetzt man am besten mit "Regelzeichnung", wobei dieser Begriff impliziert, dass es sich um eine Skizze und keine Fertigungszeichnung handelt.
Sehr interessant alles. Aber wenn man bei dem Wikipediaartikel über "Umlaufplan" auf "English" klickt, kommt die engl. Version mit dem Titel "Working timetable". Das ist dann wenigstens verständlich und irgendwie logisch. Ich komme immer mehr zu dem Schluss, dass die deutsche Sprache doch irgendwie eindeutiger ist und nicht jedes Wort mehrere Bedeutungen hat. Obwohl eine Bank auch entweder was zum drauf sitzen ist oder etwas wo ich Geld hole ...
ich sage nicht, dass es einfach ist, ich sage nur, dass es erklärbar ist.
Der englische Wikipediaeintrag Working Timetable behauptet, dass die deutsche Übersetzung "Buchfahrplan" ist. Das ist Grundfalsch. Einen Buchfahrplan gibt es in UK nicht. In Deutschland erfüllen Buchfahrplan und Streckenkenntnis zusammengenommen das, was in UK route knowledge ist. Das ist aber nicht direkt vergleichbar aufgrund der unterschiedlichen Signalisierungsphilosophien. Ein Working Timetable ist ein um Leerfahrten, Lokfahrten und Güterzüge erweiterter Passenger Timetable; die korrekte deutsche Übersetzung von letzterem lautet "Kursbuchtabelle".
naja das ist halt dann historisch dort anders entstanden als hier, Hauptsache die Züge sind dann pünktlich und man kann irgendwo nachschauen, wann der nächste kommt
Ergänzend sei gesagt, dass mich der Fahrbetrieb bisher nie interessiert hat, weder beim Vorbild noch beim Modell. Seit es keine Raucherwagen gibt, fahre ich eh nicht mehr Zug und auch schon vorher kaum. Von daher hatte ich auch bei der deutsche Bahn bisher den Unterschied von Fahrplan, Kursbuch, etc. gar nicht gekannt :-)
Beim Modell ist es mir vor allem wichtig schöne Modelle in der Vitrine zu haben oder maßstäblich korrekte Dioramen zu bauen. Habe schon in den seltensten Maßstäben solche gebaut (1:55, 1:64, 1:300, 1:350 etc. aber alles nicht nach englischen Vorbildern, daher hab ich hier nie darüber was geschrieben). Es reizt mich dann erstmal passende Dinge zu bekommen und da muss dann alles maßstäblich zusammen passen.
Hello Stef, sorry für meine Überreaktion ich hatte keinen guten Tag auf der Arbeit. Die Hauptsache ist ja das Torsten und seine Eisenbahnfreunde eine gute Tour haben. Sorry nochmal, hier mein Photo aus Lancaster:
Danke für die ausführliche Erläuterung zu Umlaufplan, Buchfahrplan und Working Time Table. Die Diskussion ist ja richtig gut geworden, ich hätte nicht erwartet, daß ich in kurzer Zeit so viel Resonanz bekomme.
Da bisher nur Bilder vom Pacer zu sehen waren, hier noch was vom HST125 (Class 43):
Zitat von FelixMwas Deutsche in UK sagen, wenn sie über Umlaufpläne sprechen, ist mir nicht bekannt. Daher danke für die Einsicht, Stef.
Keine Ahnung, was Deutsche in UK sagen - die meisten sprechen da English mit den entsprechenden Fachbegriffen. Das ist (vermutlich) auch der Grund, warum in der Europäischen Leitstelle oft die internationalen Begrifflichkeiten verwendet werden - es würde sonst zu leicht zu Mißverständnissen kommen. Einige gibt es ja auch hier im Thread:
Buchfahrplan: Der Buchfahrplan ist in Deutschland ein gebundenes Heft mit Angaben zu Kilometrierung, Betriebsstellen und Fahrzeiten des Zuges. Auch wenn es das in UK nicht mehr so in Buchform gibt (in D auch nur noch sehr begrenzt), hat der Tf in UK einen entsprechenden gedruckten Fahrplan mit den inhaltlich gleichen Angaben.
Zitat von FelixMEinen Buchfahrplan gibt es in UK nicht. In Deutschland erfüllen Buchfahrplan und Streckenkenntnis zusammengenommen das, was in UK route knowledge ist. Das ist aber nicht direkt vergleichbar aufgrund der unterschiedlichen Signalisierungsphilosophien.
Das ist so leider definitiv falsch. Auch wenn die Route Knowledge in UK etwas tiefgreifender ist, weil der Tf auch die Signalbezeichnungen selbst kennen muß - der Unterschied zwischen Streckenkunde in D und Route Knowledge in UK ist minimal. Der Fahrplan hat damit gar nichts zu tun.
Die WTT (=Working Timetable=) hat etwa die Form eines Kursbuches, ja. Das Kursbuch war aber auch in D nur ein Auszug aus dem Fahrplan für den Personenverkehr - Güterzüge samt zugehöriger Leerfahrten fanden sich dagegen im ZpG. Die Fahrplantabellen an sich gab und gibt es aber in identischer Form in beiden (und allen anderen europäischen) Ländern.
Liniengebundene Umläufe sind auch in D in aller Regel nur beim Schienenpersonennahverkehr zu finden. Die Berliner S-Bahn ist hier aufgrund ihrer speziellen Bauweise und Struktur noch eines der schlechtesten Beispiele, um Umlaufthemen zu verallgemeinern. im SPFV und im SGV sind die Umläufe nicht linienbezogen - das würde speziell im Güterverkehr zu unwirtschaftlich werden. Berücksichtigt werden natürlich bestimmte Anforderungen an die Fahrzeuge, insbesondere der zugelassene Einsatz in den Nachbarländern. In UK gibt es an großen Stationen eine Art Poolregelung - Grund sind vor allem die sonst nicht ausreichenden Gleiskapazitäten. Hervorstechendes Beispiel ist hier London Kings Cross, wo die East Coast Züge so disponiert werden. Der erste Zug, der vom Reinigungs- und Wartungspersonal fertiggemeldet wird, geht auf den nächsten Turn nach Norden. Berücksichtigt wird nur die HST-Anforderung für Diesel-Strecken. Allerdings wird dies dispositiv vorgenommen - ein Diagramm (Umlaufplan) gibt es trotzdem. Sonst würden im TOPS (Total Operation and Planning System) ja dauernd offene Blöcke rumgeistern und niemand würde die Übersicht darüber behalten, ob der Fahrzeugbestand ausreicht.
Zum Fahrzeugbestand rechnet man übrigens etwa 20% für Maintenance (planmäßig und unvorhergesehen) über die jeweilige Flotte - wenn also 10 Fahrzeuge für eine Verkehrsmenge (welche aus mehreren Umläufen bestehen kann) benötigt werden, ist es sinnvoll 12 Fahrzeuge vorzuhalten. Aus der Reserve werden in aller Regel auch Sonderverkehre gestemmt.
ich befasse mich überhaupt nicht mit solchen Dingen, weil es mir egal ist. Wann mein Zug über die Anlage fährt (wenn ich denn eine hätte) entscheide ich
Aber ich finde es toll, wenn sich jemand da so gut auskennt. Jeder hat halt sein Ding.
Bei der Gelegenheit habe ich im Rahmen meiner Recherche zu Fahrplan, Kursbuch, WTT u.s.w. folgenden bildlichen Fahrplan der Metropolitan District Railway aus der Zeit um 1910 gefunden: http://images.zeno.org/Roell-1912/I/big/Ro090192.jpg
Nein, du hast nicht falsch gerechnet. Aufgrund von dichteren Zugfolgen sind die Geschwindigkeiten von vor hundert Jahren auf den meisten Strecken heute nicht mehr zu halten.
Danke Dir. Schon irgendwie verrückt, trotz aller moderner Technik braucht man dann zumindest innerhalb Groß-London praktisch heute fast schon länger als vor 100 Jahren um von A nach B zu kommen.