Dean Goods 2301 class der G.W.R. (Oxford Rail) mit Sound
Das Modell der Dean Goods von Oxford Rail wurde von vielen mit Spannung erwartet, da es zum einen das erste Schlepptender-Dampflok-Modell dieses Herstellers ist, zum anderen eine neue Umsetzung der Dean Goods nach dem seligen Airfix-Modell aus den Siebzigern überfällig war. Die ersten Versionen von Oxford Rail kamen Ende 2016 auf den Markt, zunächst als Ep. I (era 2) und Ep. III (era 4+5)-Versionen. Grundsätzlich fand die Umsetzung viel Anklang, einige Details wurden jedoch bemängelt. Nunmehr kam die Ep. II (era 3) - Variante in plain green auf den Markt, die auch als Sound-Version erhältlich ist.
GWR 2301 class (Dean Goods) no. 2475, Oxford Rail OR76DG003XS
Man erkennt unschwer, dass es sich bei der Dean Goods um ein ziemlich altes Schätzchen handelt. Der Entwurf von William Dean stammt aus dem Jahre 1883 - und weist alle Merkmale einer klassisch viktorianischen Dampflok auf: innenliegende Zylinder, langer Radstand, kleines und enges Führerhaus (man sollte das eher Wetterschutz nennen). Die Dampfmaschine ist ein Naßdampf-Zwilling mit innenliegenden Zylindern und Innentriebwerk, so dass außen nur die Kuppelstange zu sehen ist. Diese Konstruktion - im Zusammenspiel mit dem unterstützten Stehkessel - erlaubt durch geringe Überhänge, langen Radstand und die für eine Güterzuglok großen Treibräder (1575 mm) eine gute Laufruhe. Dadurch konnten solche Lokomotiven - im Vergleich zu zeitgenössischen preußischen G 3 oder bayerischen C IV, allesamt C-Kuppler des Longboiler-Typs - verhältnismäßig schnell fahren.
Vorbild
Profilansicht.
Zwischen 1883 und 1899 stellte die GWR 260 Exemplare in Dienst, die sich bereits in der Ausführung der einzelnen Baulose unterscheiden - und natürlich später fleißig umgebaut wurden. So etwa hatten die ersten 20 Stück keinen Dom, weitere 20 Stück wurden mit Außenrahmen gebaut (2361 class), es gab Kessel mit runder Crampton-Stehkesseldecke und (später) solche mit eckigem Belpaire Stehkessel, unterschiedliche Rauchkammern, ab 1908 wurde der Kesseldruck auf 180 psi erhöht, der Zylinderdurchmesser wurde vergrößert und einige Maschinen erhielten Überhitzer. Unter anderem.
Aufgrund der geringen Achslast und der damit verbundenen freizügigen Einsatzmöglichkeiten auf Strecken mit schwächerem Oberbau kamen viele Maschinen in den beiden Weltkriegen außerhalb Großbritanniens zum Einsatz - so in Italien, Griechenland, der Großteil in Frankreich. Beim Grouping 1923 waren noch 253 Stück vorhanden. Ab den 1930er Jahren standen mit den Collett Goods eine moderne Nachfolgegattung zur Verfügung, so dass Ausmusterungen einsetzten. Im 2. Welkrieg mussten dann 106 Loks zum Kriegsdienst beim War Department antreten. Die meisten wurden zwar, wie im 1. Weltkrieg auch - in Frankreich eingesetzt, durch die Niederlage der Allierten nach Dünkirchen kamen allerdings deutlich weiter herum - auch nach Schlesien, Österreich und Russland hat es einzelne Exemplare verschlagen. Kurz nach Krieg wurden 22 Stück aus War Department-Beständen nach China verkauft, so dass der Bestand ziemlich dezimiert war - Nur noch 54 Stück gelangten zu den British Railways. Die letzte wurde bei den British Railways im Jahre 1957 ausgemustert, und nur die Maschine mit der Nr. 2516 blieb im Museum in Swindon erhalten.
Ursprünglich waren die Maschinen für den mittleren bis schweren Güterzugdienst gebaut - das war allerdings 1883. Als sie diesem um 1900 nicht mehr genügten, wanderten sie in den leichten Güterzugdienst und den gemischten Nebenbahndienst. Da die Maschinen stets konstruktiv verbessert wurden, hielten sich die aufgrund ihrer geringen Achslast freizügig einsetzbaren Maschinen bis in die mittleren Fünfziger Jahre auf walisischen Nebenstrecken.
Modell
Ansicht Lokführerseite
Das Modell ist eine Neukonstruktion aus 2017. Die Ausführung der no. 2475 in unlined brunswick green mit "Great Western" - Schriftzug entspricht der zwischen 1922 und 1934 üblichen Beschriftung und Farbgebung für "normale" Lokomotiven (also Güterzug- und Tenderloks sowie ältere Bauarten). Die Maschinen des höherwertigen Personenzugdienstes wiesen noch das Garter crest bzw. ab 1927 das coat of arms sowie eine Linierung auf. Oxford Rail hat sich für die Epoche II die Nr. 2475, gebaut 1896 in Swindon, ausgesucht. Die Maschine weist einen neueren Kessel mit Belpaire-Feuerbüchse auf. Sie gelangte nicht mehr zur BR.
Vergleiche mit der bildlich gut dokumentierten Nr. 2474 aus dem selben Baulos zeigen, dass Oxford Rail diesmal das Vorbild weitgehend korrekt umgesetzt hat. Führerhaus (-ausschnitt), Kessel, Rauchkammer, Schlot, Tender, alles passt.
Details & Finish
Blick in den Führerstand
Die Lackierung ist einwandfrei, die Betriebsnummern sind aus Messing. Sehr schön ist der aufwändig farblich gestaltete Führerstand, der natürlich bei dem offenen Führerhaus sehr in das Auge fällt.
Kessel und Tender weisen zierliche Handläufe und Griffstangen auf. Die Kuppelstangen sind brüniert, die Räder mit Radsternen aus Kunststoff sind nicht lackiert und weisen brünierte Laufflächen auf.
Technik & Laufeigenschaften
Das Modell verfügt über einen 5-poligen Motor ohne Schwungmasse, der über ein Schneckengetriebe die letzte Kuppelachse antreibt. Diese nimmt über die Kuppelstangen die übrigen Kuppelachsen "mit". Das Modell ist mit 199 g insgesamt eher ein Leichtgewicht. Der Antrieb ist leise, was aber auch der geringen Untersetzung geschuldet ist. Um eine solche Lokomotive - die Höchstgeschwindigkeit dürfte sich im Bereich 70-75 km/h bewegt haben - einigermaßen vorbildgerecht zu bewegen, bedarf es schon erheblicher Änderungen der Decodereinstellungen. Aufgrund des geringen Gewichts und fehlender Haftreifen sind die Zugleistungen mäßig, für den Nebenbahndienst jedoch ausreichend. Gut ist die Stromabnahmebasis - alle Kuppelachsen und die erste und letzte Tenderachse sorgen für einen unterbrechungsfreien Lauf. Die Kupplungsaufnahmen sind nach NEM 362 ohne Kulissenführung, eine Beleuchtung und Lok-Tender-Kurzkupplung natürlich nicht.
Bei meinem Modell waren ein paar Nacharbeiten erforderlich, so lagen etwa die Stromabnahmebleche der letzten Tenderachse nicht an, andere waren zu stramm. Ferner musste das Fahrwerk abgeschmiert und feinjustiert werden. Nach ein paar Runden lief das Ganze dann rund.
Sound
Das Modell ist mit einem ESU LokSound micro v4 ausgestattet, der in einer 8-poligen DSS steckt. Das Soundprojekt macht auf mich einen ordentlichen Eindruck, für mich klingen insbesondere die Pfeifen nach GWR. Dies ist aber auch meine erste englische Soundlok. Sobald man den Regler zurückfährt, bleiben die Dampfschläge weg. Als Lautsprecher ist ein 10x15mm "Grand" mit einem sehr flachen Resonanzkörper verbaut. Dieser war zudem nicht eingehakt (Montagefehler). Bei der Gelegenheit habe ich den Resonanzkörper gegen einen "normalen" 8mm ausgetauscht, was dem Klang zu etwas mehr Fülle verhilft. Dieser passt liegend so eben unter den "Deckel" (Format 10x15x10 mm).
Decoder und Lautsprecher mit neuem Resonanzkörper
Erfreulich ist die im Vergleich zu anderen Herstellern erfreulich umfangreiche Dokumentation - nur dass die Werkseinstellungen des Decoders nicht denen der Dokumentation entsprachen und im Übrigen nur mäßig auf die Charakteristik des Motors abgestimmt waren. However - ich habe für die Motoransteuerung folgendes ermittelt:
CV2=4
CV3=120 (default)
CV4=40
CV5=100
CV6=45
(CV29=38)
CV50=2 (default)
CV51=16
CV52=13
CV53=100
CV54=15
CV55=70
CV95=100
Sound (Geschwindigkeit Dampfstöße):
CV57=92
CV58=16
Ohne den Tender aufgenommen, fällt erst so richtig auf, wie klein die Lokomotive eigentlich ist...
Ein sehr schön gemachtes Modell eines herrlich betulich und altmodisch anmutenden Lökchens, das allerdings einige Nach-, Einstellungsarbeiten erforderte. Dank gutem Sound macht die kleine Dean Goods - vor leichten Zügen - viel Freude.
Cheers
Mark