Hallo - insbesondere die Zweiachs-Altbau-Güterwagen britischer Bahngesellschaften wurden mehrere Jahrzehnte eingesetzt, einige noch bis in die 1960er Jahre. Lange Gebrauchszeiten und im WWII auch kriegsbedingte nachlässige Pflegemaßnahmen ließen sich optisch oftmals nicht verleugnen. Lackmängel und Rost waren zeitweise normal. Wert gelegt wurde im Wesentlichen auf korrekte Funktion, z. B. auf die Funktion der Bremsen.
Dapol bietet einige Güterwagen (u. a. die Hochbordwagen) bereits ab Hersteller patiniert an (es handelt sich um eine werksmäßige Airbrush-Patinierung, nichts Individuelles).
Die von Dapol angebotenen Kesselwagen sind frisch aus der Schachtel allerdings "blitzblank" und so gar nicht im Gebrauchslook. Dem kann man durch Patinieren abhelfen. Meine beiden jüngst eingetroffenen Tankwagen waren heute an der Reihe.
Zu den Modellen ist aus meiner Sicht anzumerken:
1. Vorbildgerechte Konstruktion. 2. Gute Schienenlage (schwer genug); laufen einwandfrei. 3. Sehr akkurate Detaillierung mit beweglicher Bremsstange; Federpuffer. 4. Erstklassiges Preis:Leistungsverhältnis (um 50 € je Modell).
Es bereitet Freude, diese feinen "Wägelchen" aufs Gleis zu setzen und fahren zu sehen.
Erste Stellprobe in freier Wildbahn:
Das Patinieren wird bei mir in mehreren Stufen ausgeführt. Die erste Grundstufe haben diese beiden Waggons heute erreicht; ich zeige sie hier halbwegs fertig patiniert, aber das Finish fehlt noch! Meine Vorgehensweise erläutere ich unten.
Meine Vorgehensweise kurz und knapp:
Für die Grundstufe (siehe das nächste Foto) verwende ich:
a) Aqua-Color Acryl von Revell (Lederbraun, Nr. 84). b) Rost-Washing von Vallejo.
Mit Aqua-Color-Lederbraun werden die Haupt-Rostpunkte zunächst eingepinselt (Fahrwerk usw.); bevorzugt arbeite ich bei Naturlicht und Sonneneinstrahlung, da dies u. a. den Trocknungsprozess fördert und man zügig arbeiten kann. Aqua-Color sollte mit etwas Wasser verdünnt werden. Die zu bepinselnden Teile können (nicht müssen) vorher mit Pril-Wasser entfettet werden. Spart man sich den Arbeitsgang, muss allerdings etwas stärker bzw. mehrfach überpinselt werden. Je nachdem, welche Art der Colorierung das Fahrwerk annehmen soll (abhängig auch von der Hauptfahrstrecke, der Art und Farbe des Staubs usw.), wird etwas graue Farbe oder beige Farbe leicht beigemischt. Nach dem Antrocknen kann mit schwarzer Washingfarbe von Vallejo leicht überpinselt werden, damit es nicht zu rostig wirkt. Das muss man selbst einmal ausprobieren! Zuviel "Kleckserei" kann notfalls noch mit Wasser oder Revell-Acryl-Verdünner beseitigt werden. Auch an einem Musterwagen erst ausprobieren!
Die Modelle werden nach der Grundstufe fotografiert, denn auf dem PC-Schirm sieht man einige Mängel, die am Modell selbst gar nicht sofort auffallen. Die Mängel kann man beim Finish korrigieren.
Im besten Fall sieht hinterher in der Grundstufe z. B. der Fahrzeugrahmen so oder so ähnlich aus:
Beim Finish wird das Ganze noch mit einem ganz leichten Staubfilm per Airbrush behandelt.
Weitere Details (stark vergrößert):
Letztes Kontrollfoto wie folgt - und nun kommt irgendwann das Finish (nachdem die Wagen noch zigmal kritisch beäugt wurden). Selbstverständlich kann auch jeder der Leser hier seinen kritischen Kommentar abgeben!!
Viele Grüße! Dario-Alessio
"Take time for your dreams, before time takes your dreams!" Dario-Alessio
Hallo - angefügt noch ein Detailfoto, das nicht ganz unwichtig ist.
Es zeigt den Rostansatz an exponierten Stellen des Kessels (Schweißnähte und Kesselbänder). Viel mehr an Rost sollte bei einem betriebstauglichen Waggon nicht zu finden sein. Hier muss der Patinierer aufpassen, dass die Colorierung noch überzeugend wirkt!
Am Kesselband ist mit einem ganz feinen gräulichen Film an den seitlichen Rundungen aufgehellt worden. Das bewirkt "metallisches" Aussehen. Insgesamt ist der Kessel jetzt (wenn man dies mit dem Schachtelmodell vergleicht) nicht mehr schwarz, sondern eher gräulich.
"Take time for your dreams, before time takes your dreams!" Dario-Alessio
Hallo - wenn man einen patinierten Waggon auf der Anlage sieht, ist eigentlich stets zunächst der Gesamteindruck entscheidend - "passt" oder "passt nicht". Der Gesamteindruck setzt sich indes zusammen aus den zahlreichen Details, die beim Modell viel weniger als Detail ins Auge fallen als auf einem Foto.
Hier noch einige Details:
Es ist auch das Ziel, beim Verwittern die Plastikmaterialien eines Modells optisch als Metall rüberzubringen. Das kann man am besten durch leichte Aufhellung der Kanten erreichen (z. B. bei diesen Profilen).
Stets stellt man sich als Patinierer die Frage "Sieht das echt aus - oder ist das Murks?". Zufrieden ist man eigentlich nie, aber es lässt sich manches auch nach Monaten noch nacharbeiten.
"Take time for your dreams, before time takes your dreams!" Dario-Alessio
Hallo - generell zum Thema "Patinieren" ist jeweils zu berücksichtigen, dass nur das Vorbild Art und Grad der Verwitterung bestimmen sollte. Nur zu oft (ich nehme mich da nicht aus!) "gehen die Gäule mit einem durch", weil man gerade so schön beim Verrosten ist. FALSCH. Angepasst zu patinieren ist gefragt.
Ein Blick über den großen Teich in die ehemalige UK-Kolonie zeigt, dass "die feine englische Art" jedenfalls im Bahnbereich dort in USA nicht immer wiederzufinden ist. Was man dort auf Gleisen sieht, das sind teils erhebliche Mangel-Pflegezustände, die für UK-Rollmaterial als Ausnahme gelten müssen.
Ich zeige diese Beispiele, um Unterschiede klarzumachen.
TIPP:
Abgeplatzten Lack und Rost auf Bordwänden/Gehäusen findet man auch bei Vorbild-UK-Rollmaterial, zwar nicht im Übermaß (wie beim beispielhaft gezeigten US-Rollmaterial), aber kleinflächig kann man dies auch bei UK-Modellen in Anlehnung an die Vorbildsituation so colorieren.
Noch ein Beispiel zum Thema "Rostnasen":
Diese Rostnasen - so wie unten im Fotoausschnitt zu sehen sind - werden bei mir durchweg wie folgt erzeugt:
> mit Pinsel etwas flüssige graue Acrylfarbe auftupfen; > mit einem zweiten Pinsel in diesen flüssigen (hellen) Farbtupfer etwas Rostfarbe (z. B. Acrylfarbe Lederbraun oder Vallejo-Rost) oder auch Rostpigment geben; > zunächst etwas antrocknen lassen und überschüssige Flüssigkeit sofort danach abtupfen.
Man erhält so eine Rostnase bzw. einen Farbabplatzer mit einem etwas hellen Kranz. Das suggeriert am Rand die hervortretende helle Grundierung des eigentlichen Farb-Lacks (oft ist beim Original unter dem oberen Farb-Lack eine graue Grundierung aufgetragen!).
Wie schon empfohlen: Einfach an einem preiswerten Waggon ausprobieren. Acrylfarbe kann noch nach einiger Zeit mit Wasser oder Revell-Verdünner abgewischt werden (Vorsicht aber mit dem Verdünner - Anleitung beachten wegen der enthaltenen Lösungsmittel).
Wer noch keine Erfahrungen gesammelt hat: Es sieht alles schwieriger aus, als es wirklich ist! Alleine den Mut "zum Versauen" muss man mitbringen, sonst lernt man nicht aus eigener Erfahrung.
Von lösungsmittelhaltigen Farben (wie sie in manchen "Alterungs-Sets" vom Handel angeboten werden) rate ich Anfängern ab. Damit "versaut" man in der Tat oft mehr, als man es sich vornahm. Acryl ist angesagt! Am besten man kombiniert die Pinseltechnik mit einem Finish per Airbrush.
Übrigens: Oft wird empfohlen, patinierte Modell anschließend mit Klarlack "zu versiegeln", damit die Patinierung nicht abgegriffen wird. Ich halte davon gar nichts, denn ich trage meine Modelle meist an den Puffern und "grapsche" nicht ständig flächig an ihnen herum. Nie wendete ich Klarlack an, zumal danach Veränderungen der Colorierung fast unmöglich werden. Aber - wie üblich - jeder, wie er es mag!
"Take time for your dreams, before time takes your dreams!" Dario-Alessio
danke für den höchst anschaulischen Beitrag. Kesselwagen überzeugend zu patinieren ist nicht so einfach. Und besonders das Digitalfoto bringt dann jede „vergessene“ Stelle oder Ungenauigkeit stark zum Vorschein.
Auffallend gut sind die Rostspuren an den Kesselbändern und Schweißnähten gelungen. Es sehen auch die großen Gesamt-Ansicht-Bilder sehr gelungen aus. Ein leicht rostiger Schleier auf der weißen Beschriftung, perfekt. Ich habe Revell Lederbraun auch bisher verwendet, jedoch nur in der Enamel-Variante. Die trocknet sehr schnell auf, daher wohl nicht so richtig zum Altern geeignet, Die Watercolour-Variante muß ich mir mal in nächster Zeit zulegen, und mich dann meinen Lionheart „National Benzole“ widmen. Bis jetzt habe ich da etwas Vorbehalte, an einem 60-Pfund-Waggon mit Farbe ran zu gehen. Aber mit Watercolour ist ja alles abwaschbar, was zuviel ist.
Hallo und besten Dank, Torsten! Freut mich sehr, wenn es gefällt, wobei diese beiden Kesselwagen noch nicht ganz fertig sind. Ein paar Feinheiten sind noch zu machen. Ich sagte es schon, dass man nie zufrieden ist und immer noch was findet, um es nachzucolorieren.
Was Aqua-Color betrifft, so muss ich ergänzen, dass der Farbauftrag - solange noch nicht abgetrocknet - mit Wasser (Pinsel + Tuch) wegwischbar ist. ABER: Wenn die Farbe angetrocknet ist, muss mit Verdünner gearbeitet werden. Dabei kann (nicht muss) evtl. die Grundlackierung leiden. Insofern etwas aufpassen.
Man kann sich übrigens "Washings" (die es z. B. von Vallejo zu kaufen gibt) auch selbst durch eine Mischung von Aqua-Color und Wasser (gut schütteln in einem Fläschchen) herstellen.
Die nächsten Kandidaten zum Verwittern stehen schon bereit - es sind ganz tolle 0-Modelle von Heljan, die aber "frisch aus der Schachtel" m. E. nur was für die sterile Vitrine sind. Das muss sich ändern .....
Werde diese Modelle selbstverständlich später auch vorstellen.
"Take time for your dreams, before time takes your dreams!" Dario-Alessio