Hornby hat uns mit neu entwickelten Modellen der GWR King class beehrt. Eigentlich war ich ja auf das von Hatton's/DJM angekündigte Modell gespannt, aber Hornby war schneller, so dass das Hatton's/DJM-Modell leider wieder abgekündigt wurde. However, das Ergebnis kann sich sehen (und fahren) lassen.
GWR 6016 King Edward V, Hornby R3408
Die King class ist eine der zahlreichen 2' C - Bauarten der Great Western, und sie ist die größte, schwerste und stärkste. Sie entstammt der 4-Zylinder-Familie dieser Bauart und stellt die Endstufe der Evolution dar. Dem entsprechend handelt es sich um eine 2' C h4 - Schnellzuglok, deren Vierzylinder-Triebwerk mit einfacher Dampfdehnung arbeitet (Vierling).
Profilansicht.
In den mittleren 1920ern zeigte sich, dass mit Maschinen der Castle class vor den besonders langen Expresszügen von London (Paddington) nach Plymouth nicht immer Bestzeiten zu erreichen waren. Also machte der Chefingenieur der GWR, C.B. Collett, was er am besten konnte: Evolution statt Revolution. 1923 war ihm mit der Castle class, die ihrerseits eine weiter entwickelte Star class ist, ein ganz großer Wurf gelungen. Dieser wurde nun vergrößert, ohne das Grundkonzept zu verändern: größerer Kessel, höherer Druck, etwas erweiterte Triebwerksdimensionen, gegenüber der Castle class kleinere Kuppelräder von 1981 mm. Auf den ersten Blick nicht weiter spektakulär. Collett verzichtete auf eine Schleppachse und damit den Schritt zur Pacific, der andernorts die logische Konsequenz der 2' C Lokomotive war. Dadurch gewann er eines: Reibungsgewicht - und Zugkraft. Infolgedessen wurde die King class schwer - 22,5 Tonnen Achslast wären auf zeitgnössischem Reichsbahn-Oberbau nicht gegangen. Die GWR aber baute die Hauptstrecken, auf denen die Kings zum Einsatz kommen sollten, entsprechend aus, so dass die Kings die Castles ergänzten, wo Bedarf bestand. Vor allem natürlich auf der GWR Main Line von Paddington station nach Plymouth.
Ansicht schräg von hinten
Zwischen 1927 und 1930 wurden 30 Maschinen gebaut (eine 1936 nachgebaute ersetzte eine verunfallte), die zeitlebens im schweren Schnellzugdienst standen. Sie führten berühmte Züge wie den "Cornish Riviera Limited", "The Bristolian" und den "Torbay Express". Allerdings waren die Maschinen stets an die (wenigen) Strecken gebunden, die ihre Achslast und ihr Lichtraumprofil zuließen: Ab Paddington nach Plymouth, Bristol, Birmingham oder South Wales. Als ab 1947 die gute walisische Lokomotivkohle nicht mehr ausreichend verfügbar war, wurden die Überhitzerelemente vergrößert, und ab 1955 erhielten die Maschinen Kylchap-Doppelblasrohre. In dieser Konstellation galten sie als ausgesprochen leistungsfähig. Dennoch schieden alle 30 Maschinen 1962 aus, als sie durch dieselhydraulische Maschinen der Western class ersetzt wurden. Immerhin drei Maschinen entgingen der Verschrottung, eine steht im National Railway Museum und zwei sind betriebsfähig.
Ein markantes Merkmal der King class ist das teils außen- und teils innengelagerte vordere Drehgestell. Das Volumen der innenliegenden Zylinder machte es erforderlich, die erste Achse mit Außenlagern auszuführen
Das Modell ist eine Neukonstruktion von 2015. Die hier vorgestellte Ausführung der no. 6016 in lined brunswick green mit GWR Roundel entspricht der zwischen 1934 und 1941 üblichen Beschriftung und Farbgebung.
Die Neukonstruktion hat sich in optischer Hinsicht gelohnt - das Modell lässt kaum Wünsche offen: feinste Bedruckung, zierliche Handläufe und Griffstangen und ein voll ausgestalteter Führerstand. Im Tender ist der Kohleeinsatz herausnehmbar. Das Triebwerk ist aus eloxiertem Metall gefertigt, die Räder sind brüniert und die Radsterne aus Kunststoff.
Das Fahrwerk des Modells
In technischer Hinsicht entspricht die Konstruktion dem hauseigenen Schema der vergangenen zehn, zwölf Jahre: Der Antrieb befindet sich im Kessel und treibt über ein Schneckengetriebe die letzte Kuppelachse an, diese nimmt die übrigen Kuppelachsen mit. Zum Einsatz gelangt in diesem Modell ein 5-poliger Motor ohne Schwungmasse. Der Antrieb ist sehr leise und etwas stärker untersetzt als vergleichbare hauseigene Modelle. Die Fahreigenschaften sind analog wie digital sehr gut. Bei sehr geringer Spannung beginnt das Modell stabil zu kriechen. Längere Weichenstraßen bringen das satt im Gleis liegende Modell nicht aus der Ruhe - sechs stromabnehmende Achsen sorgen für eine solide Stromabnahmebasis. Das vordere Drehgestell ist nicht gefedert, das Eigengewicht des massiven Metallgussteils hält es jedoch in der Spur. Wie in UK üblich, sind keine Haftreifen montiert. Die Lok ist allerdings recht schwer. Die Kupplungsaufnahmen sind nach NEM 362 ohne Kulissenführung, die Lok-Tender Verbindung besteht aus einer starren Deichsel, die sich in zwei Längen einstellen lässt (Schraube). Und natürlich gibt's kein Licht.
...und nochmal von der Lokführerseite
Bei diesem Modell kam trotz der recht frischen Konstruktion eine 8-polige Schnittstelle nach NEM 652 zum Einsatz. Dies ist mir etwas unverständlich, hier hätte sich eine PluX16-Schnittstelle angeboten, denn das Modell ist baulich leicht zu "versounden". Im Tender ist Platz für einen 28er Standard-Lautsprecher vorgesehen. Alternativ (oder ergänzend) ist Platz für einen Donau oder Dumbo-Lautsprecher mit großer Schallkapsel. Notfalls könnte man die Kohlenrutsche von unten beschneiden. In meinem Modell werkelt ein Zimo MX600F, der mit dem Motor sehr gut harmoniert.
Hornby hinkt leider ziemlich hinterher in der Ausrüstung mit Digitalen Schnittstellen. Dort wird meist eine 8-pin-Schnittstelle vorgesehen, auch bei neuen Modellen.
Inhaltlich habe ich beizutragen, dass ich mal einen Querschnittsartikel zu GWR 4-6-0 geschrieben habe, aus der Motivation heraus, dass GWR-Loks "alle gleich aussehen": http://britbahn.wikidot.com/gwr-4-6-0
für Sound reicht eine 8-polige Schnittstelle nach NEM652 und wenn es, wie bei UK Dampfloks üblich, keinerlei Lichtfunktionen gibt, ist alles über NEM652 rausgeworfenes Geld. Spitzenlich läßt sich ja trotzdem nachrüsten und auch über den Decoder schalten.