In Weiterführung der bekannten Weichen-Problematik, siehe Beitrag: Schlanke Weichen in 00 - Tilligweiche auf britisch - UPDATE habe ich mich daran gemacht, probeweise einen C & L Finescale Weichenbausatz zusammen zu bauen. Zur Vorbemerkung, ich habe vorher eine Weiche noch nie selber gebaut, nur an Peco-Fertigweichen mal ein wenig herum geschnippelt.
Die Wahl fiel auf die 4TKOONA4, das heißt OO Spur, Bullhead Gleis, Kunststoff-Schwellen, 3-Bolt-Schienstühle. Der Unterschied zwischen den A und B Weichen liegt darin, daß die A-Weichen einen Herzstück-Abzweigwinkel von 1:5 haben, während die deutlich schlankeren B-Weichen Winkel zwischen 1:6 bis 1:9 haben, je nach Radius. Die Nummer hinter dem Buchstaben gibt den Radius an, A4 hat den kleinsten Radius, B9 den größten. Mehr dazu später.
Hier nun in den ersten Bildern, was im Bausatz enthalten ist.
Ein ausführliche Anleitung, über 10 Seiten, in denen auch auf das Vorbild eingegangen wird. Leider sehr wenig Bilder und viel Text, besser ist da die Anleitung auf der finescale.org Webseite http://www.finescale.org.uk/pdfs/ds005.pdf, hier werden die einzelnen Schritte in Bildern erläutert. Mit beiden zusammen, der mitgelieferten Anleitung und dem PDF von finescale.org hat man jedoch eine gute Bauanleitung.
Eine Tüte mit Schienenstühlen in zwei Sorten. Es sind reichlich mit geschickt, etwa 30% zu viel, so daß man sich auch mal vertun kann.
Eine Tüte mit Schwellen, die passend abgelängt werden müssen. Geht aber sehr einfach mit dem Cuttermesser. Auch hier viel Reserve mitgeliefert, reicht fast für eine zweite Weiche. Zu kurz schneiden ist daher kein Problem.
Zwei Abstandslehren für das Gleis. Für die erste Weiche unbedingt notwendig und sollte mit dem Bausatz bestellt werden. Bei späteren Bausätzen kann man sie wieder verwenden und bei der Bestellung raus streichen, der Kit wird dadurch 4 Pfund billiger.
Zwei Abstandshalter für die Zungen.
Das fertig gelötete und beschliffene Herzstück, zwei gefräste Zungen und zwei Bullhead-Schienen für das gerade und gebogene Gleis. Alle Gleisstücke sind ebenfalls sehr großzügig lang gehalten. Ich vermute, weil in allen Weichenbausätzen die gleichen Grundbauteile verwendet werden und es aufwendiger wäre, Gleisstücke in unterschiedlichen Längen zu produzieren.
Vor dem Löten des Herstückes und dem Fräsen der Zungen hätte ich bei einem Weichenbausatz am meisten Angst, deshalb bin ich froh, daß C & L mir da die Arbeit abgenommen hat. Der Kit ist für links und rechts geeeignet, mit den Bausätzen in größeren Radien können auch Bogenweichen gebaut werden. Das hängt nur von der Vorbereitung der Schablone (Template) ab. Die Bauteile an sich sind bei geraden und Bogen-Weichen gleich. Für gerade Weichen wird die Schablone unverändert verwendet.
Nun zum Bau. Die Schablone (beide Hälften) wird mit normalen Tesa-Film auf eine stabile Schneidunterlage aufgeklebt. Dann werden die Schwellen auf die passende Länge geschnitten und probeweise auf die Schablone gelegt.
Die Schwellen werden wieder weg genommen, auf die Schablone werden drei Streifen doppelseitiges Klebeband geklebt. Dann die Schwellen wieder auflegen. Damit ist das Schwellenband erst einmal fixiert.
Anschließend werden die Schienenstühle auf die gerade durchgehende Schiene geschoben. Dort, wo später die Radlenker oder gleitende Schienenstühle hin kommen (ersichtlich auf der Schablone) werden sie vorerst weg gelassen. Zu bechten ist die Richtung der Schienenstühle. Der Keil, "key" genannt, kommt nach außen und immer abwechselnd so, daß sie voneinander weg zeigen. Am besten geht das Auffädeln, wenn sie noch am Spritzling dran sind und danach mit dem Cuttermesser abgeschnitten werden. Wenn ein Schienenstuhl dabei kaputt geht, nicht schlimm, es sind genug da. Das Schienenende im unteren Bereich vor dem Einschieben leicht anschrägen.
Danach wird die gerade Schiene mit der entsprechenden Anzahl Schienenstühlen auf das Schwellenband aufgeklebt. Als Kleber wird Butanone verwendet, da die Schwellen aus ABS Kunststoff sind. Ich habe von C & L Finescale mir eine Flasche Carr´s Butanone mit genommen, in Deutschland heißt das wohl Methylethylketon (MEK). Andere ABS-Kleber sollten auch gehen, der normale Kunststoffkleber z.B. von Revell geht nicht. Mit Butanone werden die Schienestühle gewissermaßen mit den Schwellen verschweißt, eine recht feste Verbindung. Der Kleber ist flüssig und wird mit einen kleinen Pinsel aufgetragen. Nach dem Festwerden kann man noch einmal nachpinseln, der Kleber kriecht durch Kapillarwirkung unter die Schienenstühle.
So sollte es nun aussehen, bereit für den nächsten Schritt: das Aufkleben des Herzstückes.
Es geht weiter mit dem Weichenbau, nun ist das Herzstück an der Reihe.
Die Schienenstühle werden in entsprechender Anzahl auf das Herzstück geschoben. Auch hier wieder, Richtung beachten.
Anschließend habe ich das Herzstück mal probeweise aufgelegt. Um an der rechten Seite eine bessere Ausrichtung zu erreichen, habe ich dort ein Stück Bullhead-Flexgleis-Schwellenband eingeschoben.
Nun kommen die Abstandslehren zum Einsatz. Beide müssen benutzt werden, damit das Herzstück schön parallel liegt. Wenn alles paßt, kann verklebt werden.
Als nächstes wird die gebogene Außenschiene vorbereitet. Sie wird vorsichtig mit den Fingern entsprechend dem Radius, wie er auf der Schablone ist, gebogen. Danach werden die Schienenstühle aufgeschoben.
Dann ein kurzes Stück Schwellenband an den beiden Enden aufschieben, mittels der Abstandshalter ausrichten. Die bereits aufgeklebte gerade Außenschiene bzw. das Herzstück dienen als Referenz. Wenn alles gut ist, aufkleben.
Nun können die Gleit-Schienenstühle unter die äußeren Schienen geklebt werden. Die Position ergibt sich aus der Schablone.
Als nächster Schritt werden die Radlenker montiert. Die Radelenker werden aus den beigelegten Bullhead-Schienenstücken abgelängt. Die Länge ergibt sich anhand der Schablone. Nun Schienenstühle aufschieben und die Enden leicht abwinkeln. Dann ausrichten (Abstand mit einen Radsatz testen) und ankleben. Von außen werden danach halbierte Schienenstühle angebracht.
Nun sind die Zungen an der Reihe. Die Zungen sind bereits abgefräst. Bitte beachten, es gibt eine rechte und eine linke Zunge. Die glatte Seite, an welcher der untere Schienenfuß weggeschliffen ist, komm an die Innenseite der Außenschienen. Die abgerundete Kante zeigt nach oben. Das ist auch noch einmal mit Skizzen in der Anleitung beschrieben. Die Zungen werden auf die passende Länge entsprechend der Schablone gebracht. In der Schablone ist auch die Position der Stellschwelle angegeben. Die Zunge für den geraden Zweig kann so bleiben, die Zunge für den Abzweig wird mit den Fingern leicht gebogen. Anschließend noch mal die Länge kontrollieren, eventuell müssen die Schienen am Herzstück auch noch ein wenig gekürzt werden. Nach dem Aufschieben der Schienenstühle (Anzahl der Stühle siehe Schablone) können die Zungen angeklebt werden. Der richtige Abstand wird ebenfalls wieder mit den beiden runden Abstandslehren ermittelt.
Danach habe ich die Weiche von der Schablone abgelöst, und zwar so, daß das doppelseitige Klebeband an der Weiche kleben bleibt. Es dient als Fixierung für die weiteren Schritte.
Zur elektrischen Verbindung habe ich gemäß der Anleitung zwischen den Außenschienen und den Zungen zwei Drahtbrücken eingelötet. Die Weiche ist somit DCC-bereit. Die Herzstückpolarisierung erfolgt später über einen seperaten Umschalter.
Als Unterlage für die Weiche habe ich zwei passend zurecht geschnittene Stücke aus 2 mm starken Kork und 1 mm Feinpappe genommen. Diese werden übereinander geklebt und mit einem Ausschnitt für die Stellschwelle und Antrieb versehen. Auf diese Unterlage wird die Weiche mit dem doppelseitigen Klebeband aufgelegt. Das reicht vorerst, die Endfestigkeit kommt später nach dem Einschottern.
Dann habe ich die Stellschwelle vorbereitet. Die von C & L Finescale mitgelieferten "Stretcher" für die Zungen sind eher kosmetischer Natur und nicht für den Dauerbetrieb geeignet. C & L schlägt vor, entweder an die Zungen zwei Drahtstifte anzulöten, die unter die Grundplatte geführt werden und dort mit einer Stellplatte bewegt werden, oder eine Stellschwelle aus kupferkaschierten Pertinax herzustellen. An diese werden die Zungen angelötet. Ich habe die zweite Methode gewählt. So richtig glücklich bin ich jedoch noch nicht mit der Zungenbefestigung. Lötstellen können reißen, wenn sie ständig mechanisch beansprucht werden. Ich werde die Stellschwelle noch einmal überarbeiten, um eine hundertprozentige Sicherheit zu erhalten
Die Stellschwelle wird eingeschoben und mit wenig Lötzinn an den Zungen verlötet. Den Abstand ziwschen Zunge und Außenschiene habe ich mittels eines Kaffee-Rührstäbchen einer bekannten Fast-Food-Kette (die mit dem großen gelben "M") eingestellt. Danach bitte alles auf Leichtgängigkeit prüfen.
Die Weiche ist nun bereit zum Einbau. Der Antrieb kann per Hand mit Verriegelung, Servo- oder Motorantrieb erfolgen. Für den Bau der ersten Weiche habe ich ca. 6 Stunden gebraucht, das wird sich bei weiteren Weichen reduzieren. Der Bausatz ist auch von von ungeübten Modellbauern zu montieren und trägt zu Recht die Bezeichnung "Easy-built-Kit".
Der Preis für den Bausatz ist 44 Pfund (ohne Abstandslehren). Das ist nicht wenig, C & L Finescale hat jedoch eine Rabattstaffel auf den Nettopreis. Kauft man 2 Bausätze, gibt 5% Rabatt, drei bis 4 Bausätze 10% usw. Das geht hoch bis 30% beim Erwerb von 12 und mehr Bausätzen.
Hier noch eine Übersicht der Weichen-Abzweigradien:
A4 - 761 mm A5 - 1016 mm B6 - 1270 mm B7 - 1701 mm B8 - 2133 mm B9 - 2565 mm