ein typisches Detail vieler englischer Dampfloks ist die Belpaire Feuerbüchse mit dem flachen "Dach". Mal davon abgesehen das mir das persönlich gut gefällt, frage ich mich was für einen Vorteil diese Bauart mit sich bringt. Der Bauaufwand einer solchen Feuerbüchse dürfte größer sein als bei der gewöhnlichen Variante mit dem runden "Dach". Mann braucht aufgrund der vielen ebenen Fächen doch wohl auch mehr oder stärkere Bolzen zur Abstützung als normal.
Laut englischem Wikipedia wurde sie im Jahre 1860 von Alfred Belpaire, einem Belgier, erfunden. Als Vorteil ist die bessere Dampfleistung aufgrund der größeren Oberfläche und damit größere Gesamtausbeute angegeben. Der Nachteil ist, wie du schon sagst, der höhere mechanische Aufwand, um die Kiste stabil zu kriegen. Eingesetzt war die Belpaire firebox in Amerika bei der Pennsylvanian Railroad, und auf der Insel hauptsächlich bei "Gods Wounderful Railway" und ein paar bei der LMS.
Hallo Torsten, auch die deutschen Länderbahnen beschafften Lokomotiven mit Belpaire Kesseln. Bei der KPEV waren das die G 12 mit der man gute Erfahrung gemacht hatte und die P 10 bildete den Abschluß. Mit der Verdampfleistung der P 10 war man gar nicht zufrieden und diese Loks wurden erst durch die Rekonstruktion der DDR DR zu richtig guten Loks, wobei man aber mal zwei Dinge zur Ehrenrettung der P 10 sagen muß: erstens war es wohl das Trapezförmige Rost was zu der schlechten Verdampfleistung führte und zweitens wurde die P 10 auch nicht als Mittelgebirgspersonenzuglok (geiles Wort) eingesetzt sondern meist in höherwertigen Diensten da ja auch die D gekuppelte Schnellzuglok fehlte. Bei der DR wurden die Loks nach der Reko dann regelrecht abgefahren, da hier ein großer Mangel an modernen Schnellzugloks herschte, zum Ende ihrer Tage häuften sich daher massiv Schäden am Rahmen und Fahrwerk. Nach den Erfahrungen mit der P 10 verlor man dann in Deutschland wohl das Interesse an Belpaire Kesseln. Und man wandte sich der Einheitslok zu und experimentierte mit den Langrohrkesseln und dem Kesseldruck was aber beides Sackgassen waren. Stefan
Ich hab mal selbst im Netz ein bischen gesucht und noch herausgefunden das die Belpaire Feuerbüchse wegen der miesen Qualität der belgischen Kohle entwickelt wurde. Aber die Englische Kohle war doch gut, also warum haben die verschiedenen Englischen Gesellschaften diese Aufwendige Bauart gewählt?
Hallo, na ganz einfach weil man damit eine bessere Leistung bei gleichen Verbrauch erzielen kann. Aber mal im Ernst es wird wohl nicht "den Grund" geben. Also die britishen Lokomotiven sind ja kleiner und meist auch leichter als zeitgleiche Europäische Maschinen. Man konnte so mit Sicherheit die Achslasten geringer halten, auch konnte minderwertigere Kohlev erfeuert werden die günstiger war, die britischen Kohlebunker hatten in der Regel zwei Bunker für Kohle unterschiedlicher Qualität.
Die K.Sächs.Sts.E.B. ließen bei Hartmann, Chemnitz, jahrzehntelang ihre Loks mit Belpaire-Kesseln ausrüsten. Soweit ich weiß, rückten sie erst bei der XVIII H und XX HV wieder davon ab. Überhaupt waren die Sachsen bei ihrer Eisenbahn angeblich sehr stark von Insel beeinflusst. Vielleicht weiß jemand anderes hier genaueres. Gruß Jürg
Das war die erste Single, die in England von Anfang an mit dieser Feuerbüchse gebaut worden war (bei der GWR gab es ja später unter Churchward experimentielle Umbauten von Dean Singles mit Belpaire-Feuerbüchsen) und die später sogar mit Überhitzer ausgerüstet wurde (die einzigen Heißdampf-Singles überhaupt).
Auch von mir ein herzliches Willkommen an dich, Jürg.
Zitat Überhaupt waren die Sachsen bei ihrer Eisenbahn angeblich sehr stark von Insel beeinflusst. Vielleicht weiß jemand anderes hier genaueres.
Nu, in der Frühzeit schon, aber das war nicht ungewöhlich. Die Mehrzahl der deutschen Bahnen wurden nach britischem Vorbild (der Rest nach amerikanischem) und häufig auch von britischen Ingenieuren und Technikern geplant und betrieben. Erst ab ca. 1850 finden sich wirklich eigenständige deutsche Entwürfe.
Nach der Pionierzeit (die Leipzig-Dresdner-Eisenbahn wurde mit englischem Material betrieben) und Schaffung der KSStEB 1876 waren die Baugrundsätze eher deutsch als britisch. Während auf der Insel schon Schnellzugloks mit führenden Drehgestellen (und langem Radstsnd) liefen, baute man in Sachsen noch fleißig 1' B n2 - Loks für den Schnellzugdienst (Gattung VIb), bis 1892 die ersten 2' B der Gattung VIII 1 in Dienstgesetllt wurden. Im Güterzugdienst wurden weiterhin laufachslose C-Kuppler nach Longboiler-Bauart (also überhängendem Stehkessel und v.a. Zylindern (Gattungen V und V V) gebaut. Diese waren zwar leistungsmäßig gut, durften aber aufgrund der großen überhängenden Massen (Rauckammer, Zylinder) nur sehr langsam fahren. In UK waren hingegen ab ca. 1873 Maschinen im Einsatz, die lauftechnisch - nicht leistungsmäßig! - erheblich besser, da durch Innenzylinder und Innensteuerung sowie unterstützten Stehkessel die überhängenden Massen außerhalb der Räder deutlich geringer waren. Etwa die GNR Stirling standard goods J6 von 1873 oder die GWR Armstrong goods und Dean goods von 1876/83. Personenwagen mit Drehgestellen wurden auch im Schnellzugdienst nicht vor 1895 eingesetzt, dies war bei vielen Bahnen auf der Insel bereits vor 1880 der Fall.
Auch nach 1900 war von englischem Einfluss nichts zu spüren.
Ich habe mal eine interessante Abhandlung gelesen über die Lokomotiv - Trials Ende der 40er Jahre, als man bei den britischen Bahnen die Grundlagen schaffen wollte für die Einheitsloks (standards).Da tauschte man Loks gegensetig aus und testete sie auf "fremden" Strecken, was natürlich speziell für GWR - Loks ein problem war. Es wurde auch eine Bulleid Pazifik mit einem LMS - Tender ausgerüstet - wegen der Wasseraufnahme während der Fahrt. Da war auch ein bedeutender Fakt dabei, nämlich der Kohleverbrauch. Und hier zeigte sich ein großer Unterschied in der verwendeten Kohle z. B die aus den Kohlegruben in Yorkshire und der Kohle aus Wales, die in den unterschiewdlichen Loks verfeuert worden ist.Deshalb liegt es nahe, das die GWR eben die Belpaires hatten (und LMS) und die Eastern eben die Anderen.