ab ca. 1900 begannen die Britischen Gesellschaften ihre Initialen in sehr großen Buchstaben an die Güterwagen zu schreiben. Zuvor waren sie wesentlich kleiner und unauffälliger. Ende der 1930er wurden die Beschriftungen dann wieder deutlich kleiner.
Britische Beschriftungen im Wandel der Zeit:
Quelle: BritischeBahnWiki (Public Domain)
Die Modellbahnhersteller allen voran Hornby brachten daher ebenfalls sehr große Buchstaben auf den Modellen an. Nicht nur in den 1930ern, auch bis in die 1960/70er.
Soweit wäre das ja in Ordnung, aber Hornby verwendete für sein französisches Sortiment ebenfalls diese großen Buchstaben. Das ist wiederum eine Erfindung von Hornby, weil es in Frankreich zu keiner Zeit so große Aufschriften gab.
Beispiel für einen typisch französischern offenen Güterwagen um 1900, fast unauffällig steht da links unten EST für Franz. Ostbahn:
Quelle: ETH Zürich (Public Domain)
Nun aber zur eigentlichen Frage: Weiß jemand WARUM die Briten so auf große Beschriftungen standen? Man fand das früher sonst nur noch in britischen Kolonien, wie z.B. in Indien. Meines Wissens wurden sonst nirgends auf der Welt so großformatige Beschriftungen bzw. Initialen an den Güterwagen angebracht.
Man könnte meinen, dass die Briten generell sehr kurzsichtig waren, aber das muss ja einen anderen Grund gehabt haben
eine Vermutung wäre natürlich Werbung. Ein Betrachter könnte beim Anblick eines längeren Güterzuges mit Wagen einer Gesellschaft sofort sehen, das diese ein hohes Beförderungsvolumen hat. Außerdem sind die Konkurrenten gezwungen, mit fremden Wagen auf ihren eigenen Strecken hinter eigenen Loks gratis Werbung für andere Unternehmen zu machen.
Greetings, Wulf
"There are two ways of doing things: the Great Western way, or the wrong way. I'm Great Western and..." "Don't we know it!" (Duck and the big engines, Duck and the Diesel Engine)
Hallo zusammen, kaum liest man ein paar Jahre x Bücher und recherchiert im Internet und schon ist man der Lösung etwas näher.
Der Grund warum die Briten ab um 1900 ihre Initialen so groß auf ihre Güterwagen malten, ist eigentlich ganz praktisch. So hatten es die Numbertaker, also die Beamten des Railway Clearing House, einfacher die Wagen beim Übergang zu erfassen. (Quelle: The Midland Railway, by C. Hamilton Ellis, 1966)
Die Midland Railway war damals die erste Gesellschaft die das einführte. Die größten hatte wohl die Lancashire & Yorkshire Railway, die von 1901 bis 1903 rund 70 cm hohe Buchstaben auf ihre Wagen malte. Später wurde aber auf 46 cm hohe Buchstaben reduziert. Auch das wird ein Numbertaker mit Sehschwäche gut erkannt haben
der Sage nach sind diese Numbertaker bei der Verstaatlichung der britischen Eisenbahnen zu 1948 übersehen worden. Das British Railway Board hat ja auch die Aufgaben des RCH übernommen, aber anscheinend hat es sie noch ein paar Jahre länger gegeben. In einer verstaatlichten Eisenbahn ist der Zweck der Erhebung von Wagennummern zur Abrechnung der verschiedenen Bahngesellschaften untereinander natürlich entfallen.
die Number-taker wurden ja von den einzelnen Gesellschaften dem RCH zur Verfügung gestellt. Die LNWR beispielsweise hatte um 1905 137 davon beschäftigt.
70 Jahre lang arbeiteten die Numbertaker in 12 Stundenschichten. Erst 1919 wurde auf drei Schichten a 8 Stunden umgestellt. Wodurch sich die Anzahl von 536 in 1918 auf 726 erhöhte. In der Big Four Era waren es dann weit über 1000. Während des 1. Weltkrieges wurden auch number-women eingestellt.
War anscheinend ein gefährlicher Job und es gab immer mal wieder Todesfälle bei der Arbeit. Es war daher üblich, dass die Witwe das volle Monatsgehalt bekam, egal an welchem Tag der Mann verunglückte. Zusätzlich wurden sogar oft die Beerdigungskosten übernommen.