wie jedes Jahr findet am ersten Oktoberwochenende die Messe "Modell+Hobby+Spiel" in Leipzig statt. Dieses Jahr hat der Organisator Michael Kirsch ein großes Werk vollbracht, da er gleich drei britische Layouts eingeladen hat. Die Messe hat heute (3.Okt.) angefangen, und ist noch bis Sonntag, den 5.10., geöffnet. Ich hatte letzte Woche in Leipzig gearbeitet, daher lag es sehr nah, heute vormittag die Messe zu besuchen.
Die drei britischen Layouts möchte ich kurz vorstellen. Es handelt sich bei allen gezeigten Anlagen um die typisch britische Guckkasten-Anordnung, und alle drei weisen höchstes modellbaurisches Niveau auf. So zum Beispiel ist auf keinem Layout irgendein Fertiggebäude zu finden, alle Häuser und Hochbauten sind komplett selbst gebaut!
Das erste Layout heißt "Enigma Quay" ist im Maßstab 1:43,5, also Spur O. Modellspurweite ist 9 mm, was in etwa einer Vorbildspurweite von ca. 400 mm entspricht. Erbauer ist Richard Williams aus England, er lebt in der Nähe von Swindon. Dargestellt ist eine fiktive Werkbahn irgendwo in England in den 1930er Jahren. Die Anlage ist rechtwinklig mit einer Schenkellänge von etwa einem Meter.
Der Name "Enigma Quay" kommt daher, weil niemand weiß, was in den Fabrikgebäuden hergestellt wird, also Enigma=Rätsel. Man kann den Namen auch aussprechen als "Enigma Key", die Namensgleichheit zu der bekannten Chiffriermaschine aus dem 2.Weltkrieg ist durchaus beabsichtigt.
Die Gebäude sind allesamt selbst gebaut, gefahren wird auf 9 mm Gleis. Auch das Rollmaterial ist Selbstbau.
Das Layout ist erst kurz vor der Messe in Leipzig fertig geworden und war vorher noch nie zu sehen, auch in UK nicht. Also eine echte Weltpremiere. Daher bleibt, wie zu sehen ist, noch einiges zu machen in punkto Detaillierung und so weiter. Hier noch ein Gesamtüberblick über die ganze Anlage, leider ein wenig unscharf (sorry, Richard). Erfreulich, auch mal wieder ein relativ junger Modellbauer.
Das nächste Layout heißt "Portpyn" und gehört dem bekannten englischen Modellbauer Christopher Payne. Gebaut ist es im Maßstab 1:34, also etwa 9 mm to the foot.
Gezeigt wird ein kleiner fiktiver Hafen an der Südküste Englands, der von der 2-Foot-"South Wessex Light Railway" angefahren wird.
Blickfang ist hier ein sehr gut gestaltetes Küstenfrachtschiff, in das die Kipploren mit China Clay automtisch entladen werden. Alles funktioniert perfekt, auch bei diesem Layout sind alle Gebäude und Rollmaterial selbst gebaut.
Hier sieht man, wie das Kaolin (China Clay) über eine Rutsche in das Schiff fällt. Unter dem Schiff wird das China Clay in einer Tupperdose gesammelt, anschließend kommt es wieder in den Kipploren. Bemerkenswert sind zwei Dinge: die Gebäude hat der damals 15-jährige Sohn von Christopher gebaut, und das Layout ist schon aus dem Jahr 1994, also mittlerweile 20 Jahre alt! Alles sieht aber sehr gut erhalten "wie neu" aus. Das ist bei älteren Layouts durchaus nicht selbstverständlich.
Der Schattenbahnhof von Portpyn. Gafahren wird nach einem Session-Fahrplan, in dem die verschiedenen Fracht-Aufgaben aufgeführt sind. Zur Verdeutlichung des Ablaufes unten noch der Gleisplan. Über Tasten können diverse Betriebsgeräusche abgerufen werden, diese kommen aus einem Lautsprecher unterhalb des Layouts. Ein guter Effekt.
Das dritte in Leipzig gezeigte Layout ist von unserem Forumsmitglied Alexander Lehmann aus Mannheim. Baugröße ist OO. Dargestellt wird ein Endbahnof der Weston, Clevendon & Portishead Railway.
Das Layout spielt ebenfalls in den Zwanzigern. Als Vorlage für den Bahnhof dient eine Postkarte aus dem Jahr 1907. Da Alexander den Bahnhof Portishead nicht hundetprozentig nachgebaut hat, benannte er ihn um: das Layout heißt daher "Portisend" (Ende - das Gegenteil von Kopf). Ich finde es sehr gut, daß er sich über die Namensgebung so viel Gedanken gemacht hat. Das liegt in bester britischer Modellbautradition. Informationen zur WC & PR gibt es hier: http://www.wcandpr.org.uk/
Auch hier wieder das Schaukasten-Prinzip mit Fiddleyard und integrierter Beleuchtung. Rechts an der Anlage sind zwei Seiten mit umfangreicher Information zum Vorbild und zur Modellumsetzung angebracht.
Der Personenverkehr wird mit einer A1X Lok der Terrier Class durchgeführt. Der angehängte Personenwagen kam mir sehr amerikanisch vor, was ich auch umgehend moniert habe. Aber Alex hatte ausgezeichnet recheriert und zeige mir in einem Buch über die Strecke gleich ein Bild von dem betreffenden Personenwagen. Die WC & PR hatte solche Personenwagen aus einem geplatzten Exportauftrag nach Brasilien erhalten, also alles vorbildgerecht.
Auch bei diesem Layout, alle Gebäude nach Vorbildern selbst gebaut, tolle Sache. Sehr gut sind die Figuren in passender Bekleidung der 1920er, auch die übrigen Details wie der Wasserturm und der Prellbock sind stimmig.
An der rechten Seite befindet sich der "White Hare" Pub. Der Torbogen ist der einzige Zugang zum Bahnhof, das war auch beim Vorbild so. Im Modell ist hinter dem Torbogen ein Spiegel, dadurch hat man den Eindruck, daß die Straße gerade weiter geht. Die Tore des Bahnüberganges sind ebenfalls selbst gebaut und sollen dem Vernehmen nach später noch elektrisch angetrieben werden.
Die Landschaftsgestaltung von Portisend ist außerordentlich gut gelungen. Sehr schön wird der Wildwuchs wieder gegeben. Alexander hat dazu auf Baumrohlinge zurück gegriifen, die er als Wurzelwerk in England gesammelt hat. Auch die Büsche aus Moos sind "original growed in Britain". Links auf dem Bild ist die durch Gebüsch getarnte Einfahrt zum Fiddleyard zu sehen.
Ein Blick ins Fiddleyard. Zur Zeit sind drei Loks vorhanden: eine Terrier A1X namens "Holman" (die WC & PR war ja eine Bahn des Col. Stevens-Imperiums), eine umgezeichnete L & YR "Pug" und ein Sentinel Shunter Vertical Boiler. Mit der mittig angebrachten Schiebebühne können die Loks die Gleise wechseln. Technisch simpel, aber sehr wirkungsvoll.
Wer die nächsten zwei Tage die Möglichkeit hat, sollte noch nach Leipzig fahren. Die drei Layouts sind wirklich sehenswert. Es ist schön zu bemerken, daß britische Modellbahn so nach und nach, in kleinen Schritten, größere Verbreitung beim deutschen Publikum bekommt.
Danke nochmals an Richard, Christopher und Alexander für die Auskünfte.
danke für den tollen Bildbericht aus Leipzig ! Wirklich schöne Anlagen, vor allem "Portisend". Schon Klasse was man - wenn man es kann (ich kann's nicht) - so alles gestalten und bauen kann !
Der Personenverkehr wird mit einer A1X Lok der Terrier Class durchgeführt. Der angehängte Personenwagen kam mir sehr amerikanisch vor, was ich auch umgehend moniert habe. Aber Alex hatte ausgezeichnet recheriert und zeige mir in einem Buch über die Strecke gleich ein Bild von dem betreffenden Personenwagen. Die WC & PR hatte solche Personenwagen aus einem geplatzten Exportauftrag nach Brasilien erhalten, also alles vorbildgerecht.
zur britischen Bahnszene gehörten ebenfalls aus den USA importierten Pullman-Wagen, welche in UK endmontiert wurden, aber speziell für das britische Lichtraumprofil in Amerika entworfen und produziert worden sind. Als die Pullman Car Company (UK) dann gegründet wurde, wurden dann eigene Wagen entwickelt.
und Thorsten, vielen herzlichen Dank für die Berichterstattung und den netten Besuch, das hat mich doch sehr gefreut! Die Leute von der Eisenbahnromantik waren dann auch länger da und haben doch recht lange aufgenommen, mal sehen, wie viele Sekunden davon übrig bleiben werden. Jedenfalls irgendwann nächstes Jahr soll es ausgestrahlt werden, sicherlich im Zusammenhang mit der Modell, Hobby, Spiel - Messe. Stay tuned!
Ab dem Nachmittag des 3.10. und Samstag und Sonntag lief dann nach Durchstehen der allerersten Kinderkrankheiten auch alles zunehmend tadellos, der Heißwolf-Regler hat mit den Hornby-Motoren doch sehr gute Freundschaft geschlossen. Die beiden Terrier schnurrten wie die Kätzchen (was für ein Satz, komisch...) und schlichen beim Rangieren sozusagen auf Pfoten davon, alles prima, auch der L&YR-Pug und der Sentinel-Shunter liefen nach einigem Aufwärmen einwandfrei. Demnächst soll es ja von DJ-Models eine Hudswell Clarke 0-6-0 geben, ich reib schon mal die Hände...
Für diejenigen, die es ganz genau nehmen wollen: Es war dann doch die argentinische Eisenbahn, die die Wagen zum Glück der WC&PR nicht mehr haben wollten. Mein Umbau des Bachmann-Coaches ist bittesehr als "ähnlich" oder eine "Adaption" mit den verfügbaren Materialien zu betrachten, keineswegs als 1:1 vorbildgerecht, so nach dem Motto: So könnte es gewesen sein. Vielleicht schnitze ich aber doch noch irgendwann einmal ein vorbildgerechteres Exemplar. Aber eins nach dem anderen...
Nächste Station ist erst einmal Ontraxs in Utrecht, 6.-8-März 2015. Für Neugierige, es lohnt sich auf jeden Fall, auch sehr kinderfreundliches Museum (http://www.spoorwegmuseum.nl/#!/evenementen/on-traxs) jede Anlage bekam bislang vor Ort auch ein kleines Trittpodest für die "Kurzen" zum besseren Betrachten der meist doch recht hohen Anlagen, die alle inmitten eines traumhaften Ambiente zwischen den Prototypen aus unterschiedlichen Epochen platziert werden. Sehr stimmungsvoll.
Die To-Do-Liste für bis dahin zu erledigende Verbesserungen und Veränderungen ist schon geschrieben.
Aber zuALLERerst: Erholung ist angesagt, das war diesmal doch recht anstrengend und (an-)spannend.
Und wer sich auch nach anderthalb Jahren noch nicht sattsehen konnte: Seit kurzem hat ein Schweizer Modellbahnfreund dann doch mal die Bilder von damals online gestellt:
Der Personenverkehr wird mit einer A1X Lok der Terrier Class durchgeführt. Der angehängte Personenwagen kam mir sehr amerikanisch vor, was ich auch umgehend moniert habe. Aber Alex hatte ausgezeichnet recheriert und zeige mir in einem Buch über die Strecke gleich ein Bild von dem betreffenden Personenwagen. Die WC & PR hatte solche Personenwagen aus einem geplatzten Exportauftrag nach Brasilien erhalten, also alles vorbildgerecht.
zur britischen Bahnszene gehörten ebenfalls aus den USA importierten Pullman-Wagen, welche in UK endmontiert wurden, aber speziell für das britische Lichtraumprofil in Amerika entworfen und produziert worden sind. Als die Pullman Car Company (UK) dann gegründet wurde, wurden dann eigene Wagen entwickelt.
Es gibt noch ein paar erhaltene ehemalige Midland Pullman Cars von 1874, aber alle in sehr schlechtem Zustand. Die Wagen der WC&PR waren aber keine Pullman-Wagen, sondern es handelte sich um sechs 1897 von der Lancaster Railway Carriage & Wagon Co Ltd. gebaute Personenwagen die - wie oben irgendwo geschrieben - für eine Argentinische Bahngesellschaft gedacht waren, dann aber nicht abgenommen wurden. Die waren teils bis zur Schließung der unabhängigen WC&PR im Jahre 1940 im Einsatz.