Werte Teilnehmer , vor einigen Wochen sah ich im TV einen Film mit der britischen Schauspielerin Helen Mirren , der die Vorgänge im Palast kurz nach dem Tode Lady Dianas zeigte . Meine Frage ist inwieweit wirklich das britische Königshaus damals von einer Krise bedroht war und : wie sieht es heute um die Institution der Monarchie in GB aus ? Stehen die Menschen hinter der Royal Family oder gibt es auch sehr viele kritische Stimmen . Ich bin natürlich kein Leser der sogenannten "Yellow-Press" , Sensationslüsternheit ist mir vollkommen fremd aber Interesse an diesem Thema hab ich schon immer gehabt . Vielleicht aus ein wenig Nostalgie und ein klein wenig "heile Welt" ?? Was meint Ihr ... ?
Hallo, allerseits! Ich kenne 3 Familien in England, mit denen wir längere Zeit befreundet sind. Unmittelbar nach Dianas Tod hatte ich Besuch von einer. Wir unterhielten uns natürlich auch über dieses Thema und die Royals waren damals wirklich in einer Krise und der Film traf dieses Problem wirklich gut. Heute, so denke ich, haben die Royals einen guten Ruf als diejenigen, die das Land "führen".Sicherlich gibt es bei vielen Leuten den Wunsch nach einer Republik, aber sie sind in der Minderheit.Die Briten waren - und sind - eben bodenständig.Veränderungen sind eben bei ihnen nur schwer durchzusetzen. Man denke nur an die Konstruktion der bewährten Taxis! Und den Euro wollen sie auch nicht, der Eurotunnel war auch umstritten bei Traditionalisten. Selbst als eine große Mehrheit gegen den Irak - Krieg war, haben die Briten ihre Soldaten unterstützt, indem sie meinten, das sind doch unsere Jungs, die da jetzt kämpfen und da brauchen sie unsere Unterstützung.Heftigst diskutiert wird ja die Frage, wann "Lizzi" ihrem Sohn das Zepter in die Hand gibt. Viele halten aber William für den besseren König, sein Dad ist da ein wenig unnahbar und zu steif, obwohl er viele gute Ideen hat. Wichtig wäre (für mich)das die Royals weiter eine führende Rolle in Königreich spielen, obwohl sie ja keine wirkliche Macht haben, aber die innenpolitische Situation ist ja auch nicht gerade glorreich. Die beiden Hauptparteien wissen auch nicht so recht, was sie wollen, Immigranten - Probleme gibt es auch, der Konflikt in Nordirland ist immer noch nicht so richtig beigelegt und der GBP - Kurs gegenüber dem Euro ist immer noch schlecht (gut für uns!!- soll auch noch so bleiben bis Anfang September). Schließlich gibt es ja auch separatistische Bewegungen innerhalb des Königreiches (Schottland, Wales), die durchaus in der Lage wären, sich bei einer Ausrufung der Republik zu profilieren und es käme dann so zu einem Staatsgebilde wie unsere Föderation, die nur noch durch Stillstand geprägt ist, weil die Provinzfürsten das so wollen. Also "God save The Queen!" Charly
Hallo Alleseits von mir auch. Eigentlich möchte ich nicht an eine solche debatte teilnehme, aber nun möchte ich nur sagen. Als geburtige Brite, habe ich auch jahre lang eine uniform getragen, um meine land zu dienen. Als ich angefangen habe, musste ich eine treue schwören. Was vielleicht viele aber nicht wissen ist - meine treue war nicht an die Regiereung, sondern an die Königen geschworen.
Obwohl ich "eingeborener" Deutscher bin und mir für unser Land keine andere Staatsform als die unserer Republik wünschen mag, kann ich die große Zustimmung der Briten zu ihrer Monarchie gut verstehen, verkörpert sie doch so etwas wie Tradition und Beständigkeit in einer Welt, die mehr und mehr ihre Fixpunkte verliert. Wir kennen das doch, dass traditionelle Institutionen (zum Beispiel unsere gute alte Bundesbahn oder die Bundespost) oder Konzerne mit Tradition und Renommeé (z.B. Siemens, Bayer) sich auf einmal grundlegend geändert haben oder gar nicht mehr in dieser Form existieren. Da wird man schnell orientierungslos und sehnt sich nach beständigen Werten...
Bei meinen Besuchen in England hatte ich oft den Eindruck, dass man dort viel mehr an seinen Traditionen hängt und dass auch die "moderne Zeit" noch nicht so weit in den Ortsbildern vorgedrungen ist, was ich selbst als sehr angenehm empfunden habe. Beschauliche Ortschaften mit viel alter Bausubstanz, bescheidene Häuschen mit Leuten, die gut auf Statussymbole verzichten können und keine Neubausiedlungen von Neureichen wie hierzulande, wo man mit Villen im Beverly Hills Style seinen Nachbarn ausstechen möchte. Ein bisschen mehr Understatement und Besinnung auf die wirklich wichtigen Dinge stünde uns hierzulande auch gut.
ja die Tradition ist schon so eine sache. Erst kürzlich habe ich einen alten Film über meine Heimat Rheinhessen angeschaut ... also 80er Jahre. Wenn man es vergleicht mit dem jetzigen Jahrzehnt ... die Zeit rennt buchstäblich davon, früher scheint die Uhr langsamer gelaufen zu sein!
Aber wie schnell sich das Ändert habe ich auch in "meinem" London erfahren ... noch vor wenigen Jahren waren Routemasterbusse, Slammdoor Triebwagen usw. Alltag ... man merkt wie alles sich schnell verändert! Krassestes (positiv) Beispiel sind die Londoner Docklands, von einer Ruinenlandschaft zu einem wunderschönen Viertel gewandelt, vereint mit dem alten und der (klug konstruierten ...) Moderne. Hier bei mir in meiner Heimatstadt wird erstmal das alte Plattgemacht (... auch Denkmalgeschützt!) und durch primitives ersetzt oder einfach Gras drüberwachsen lassen!
wie sieht UK in 100 Jahren aus ... die Kultur, die Politik und die Wirtschaft???
Ich war im Mai 2002 beruflich in Nordirland gewesen, in Ballinamallard. Das ist in Fermanagh, einen landschaftlich sehr schönen Teil von Irland. Enniskillen ist nicht weit weg.
2002 war auch das Fünfzigjährige Jubiläum der Thronbesteigung von Elisabeth II. Und aus diesem Grund hat sie eine Reise durch das Königreich unternommen, und so kam sie auch in die Fisher Company, wo ich eine Sandstrahlanlage aufgebaut habe. Für den Firmenbesitzer war der Besuch der Queen das Größte, was ihn in seiner über vierzigjährigen Firmengeschichte passieren konnte. Alles war herausgeputzt, Blumen gepflanzt, Bordsteine gestrichen. Als die Elisabeth II. ankam, hat ein Kinderchor gesungen, die Kriegsveteranen standen im Rollstuhl in der ersten Reihe. Ein huldvolles Winken in die Menge, dann begann der Rundgang. Philipp hatte solange die Aufgabe unternommen, mit den anwesenden Arbeitern ein paar Späßchen zu machen. Ich hatte nur Gelegenheit aus etwa fünf Meter Entfernung an die Queen heran zu kommen, aber das hat auch so sehr beeindruckt. Von Kopf bis Fuß ist sie eben eine Königin, die Ausstrahlung ist einmalig. Und ich hatte das Gefühl, während des Besuches wurde alles andere ringsherum vergessen und war unwichtig.
Ich denke, für die Briten steht (meistens) Gott an allererster Stelle, dann kommt gleich die Queen und dann erstmal eine ganze Weile gar nichts.
Eine lustige Begebenheit gab es noch. Als die Queen wieder weg war, landete eine Stunde später ein Militärhubschrauber auf der Wiese hinter der Fabrik. Fünf oder sechs Soldaten in Tarnkleidung mit Mp´s und großen Rucksäcken rannten mit einmal aus dem Gebüsch und stiegen ein. ich war sehr ertsaunt. Mein Mitarbeiter, ein Reserveoffizier, erklärte es mir: immer wenn die Queen unterwegs ist, wird ein Voraus-Kommando von Fallschirmjägern ein paar Tage vorher los geschickt. Die "treiben" sich dann am Besuchsort ein wenig herum und klären auf. Auf meine Frage, wie lange die schon hier sind, sagte er: "Na drei, vier Tage bestimmt." Ich sagte ihm, daß ich aber nichts davon mitbekommen habe. Er entgegnete mir, daß das ja der Sinn der Sache ist. Die Soldaten sind nur nachts unterwegs, es dient der Ausbildung und die Sicherheit wird auch erhöht!
Veränderungen gibt es natürlich auch in UK und gegen manche Veränderungen sind selbst die traditionsbewusstesten Briten machtlos, weil sich mache globalen Entwicklungen nicht von einzelnen Nationen aufhalten lassen. So habe ich auch mit Wehmut gesehen, wie sich einst bedeutende Industrien in UK zurückentwickelt haben oder gar verschwunden sind (wie z.B. das einst bedeutende Automobilwerk in Longbridge, das dem Erdboden gleichgemacht wurde). Man denke nur an den britischen Schiffbau, der einmal der bedeutendste der Welt war. In einem englischen Eisenbahnmagazin war mal eine Bilderserie "then and now", bei der jeweils zwei Fotos gegenüberstanden, aufgenommen vom selben Standort, jedoch mit Zeiträumen von eineigen Jahrzehnten dazwischen. Zum Beispiel ein imposantes Hüttenwerk mit mehreren riesigen Hochöfen und ausgedehnte Bahnanlagen mit vielen Waggons und flinken Shuntern davor, als Schwarzweiß-Foto. Und daneben ein Farbfoto - nur noch eine zweigleisige Hauptstrecke, dahinter ein Gewerbegebiet mit Baumarkt und einigen kleineren Gewerbehallen, nichts Besonderes mehr. Das gleiche Schicksal, das unsere britischen Freunde mitgemacht haben, ist hier bei uns ja auch schon im Gange: Hier in Bremen sind ja mittlerweile die beiden Großwerften AG Weser (da liefen bis in die 70-er Jahre noch Großtanker von über 200.000 Tonnen vom Stapel!) und Vulkan auch nur noch Geschichte. Immerhin gibt es in der Region noch ein paar kleinere Werften und noch die Werften in Bremerhaven... Und zum Glück gibt es in UK auch noch manche hervorragende (und innovative) Industriebetriebe.
Wie schön ist es, wenn es in unserer schnelllebigen, rastlosen Welt noch ruhende Pole und Fixpunkte gibt: Die Royals sind einer davon!
viele Staatsbürger einer Republik können sich die Begeisterung der "Untertanen" unserer monarchischen europäischen Nachbarstaaten nicht recht erklären bzw. nachempfinden. Dazu eine kleine Anekdote: Nicht weit von hier, in Seedorf bei Zeven, gab es eine niederländische Garnison, bei der natürlich jedes Jahr der Geburtstag von Königin Beatrix gebührend gefeiert wurde. Einmal hörte ich zufällig eine Reportage dazu im Autoradio, wo der Reporter den Kasernenkommandanten interviewte und sehr erstaunt war über die Begeisterung der Soldaten für ihre Königin. Worauf der Kommandant verschmitzt von sich gab:"Das können Sie nicht verstehen, wir haben immerhin eine Königin, und Sie bloß einen Herzog!" In Anspielung auf Roman Herzog, der zu der Zeit gerade Bundespräsident war. Noch Fragen?
Viele Grüße Klaus-Dieter
p.s.: kleiner Nachtrag zu den unauffälligen Soldaten des Voraus-Kommandos: Aus einem Beitrag aus Monty Pythons Flying Circus wissen wir ja, wie vorteihaft es ist, nicht gesehen zu werden (es sei denn, der andere weiß trotzdem, wo man gerade ist)