Das eine hat mit dem anderen ja erstmal nichts zu tun. "Eine Drehscheibe zur Umfahrung" ist ziemlich unsinnig, weil teuer. Eine Umfahrung braucht man um die Lok umzusetzen, eine Drehscheibe um eine Schlepptenderlok für die Rückfahrt zu drehen. In sehr kleinen Bahnhöfen, wo also keine Schlepptenderloks hin kommen, kann man sich die Drehscheibe im Wortsinne sparen, bzw. sie erst gar nicht bauen oder wenn es sie mal gab entfernen und die Wartungskosten entfallen lassen.
Das Gegenteil sind dann wiederum sehr große Bahnhöfe, vor allem die Termini in Großstädten wie Paddington und King's Cross in London oder Lime Street in Liverpool. Dort geht es vor allem darum, schnell das Gleis wieder frei zu bekommen für den nächsten Zug. Insbesondere Fernzüge wurden dann oft mit Haut und Haaren per Rangierlok abgefahren ins Betriebswerk, dort dann die Wagen gereinigt, Wasser und die Vorräte im Speisewagen aufgefüllt und dann die ganze Fuhre per Rangierlok mit einer frischen Lok in Fahrtrichtung am "Ende" wieder bereitgestellt. Nachdem der Zug abgefahren war, hat die Rangierlok im Bahnhofsvorfeld auf den nächsten Kunden gewartet. Züge, bei denen kein Besuch im Betriebswerk erforderlich war, bekamen aber üblicherweise eine neue Lok vorgespannt und die alte wurde dann abgefahren und in Ruhe gedreht, mit Wasser betankt und ggf. bekohlt um einen neuen Zug zu übernehmen. Betrieblich sehr interessant, sprengen solche Bahnhöfe üblicherweise das Modellbahnzimmer.
Und dann gibt es eben genau die Bahnhöfe, nach denen Du vermutlich fragst, kleine Kopfbahnhöfe, in denen aber Schlepptenderloks ankommen, aus welchen Gründen auch immer. Dort gab es auch in seltenen Fällen Drehscheiben am Gleisende, aber dennoch Umfahrgleise für konventionelles Umsetzen. Meistens zwischen zwei Bahnsteiggleisen gelegen. Entweder verband die Drehscheibe dann alle drei Gleise, die auf ihr mündeten, häufiger jedoch wurden die Gleise erst mit Weichen zusammengefasst und die Drehscheibe lag im Auszieh-Gleisstumpf des Durchfahrgleises. So konnten Tenderloks auf die Drehscheibe fahren und umsetzen ohne dass die Drehscheibe dafür bewegt werden musste. Und generell waren diese Konstrukte die Ausnahme und nicht die Regel. Bahnhöfe dieser Größe, dass ein Zug mit Schlepptenderlok gerechtfertigt war, hatten auch Güterverkehr in einem Entsprechenden Maß. Entweder musste man dann zwei Drehscheiben betreiben und die Güterzugloks wo anders wenden. Oder man musste mit den Güterzugloks über das Umfahrgleis in den Personenbahnhof einfahren und die Lok dort wenden. Ersteres ist redundant und das Aufkommen an Loks rechtfertigt den Unterhalt zweier Drehscheiben nicht. Zweiteres ist betrieblich unnötig kompliziert und man würde es vermeiden. Meistens hätte es also beide Drehscheiben gegeben und wenn man eine entfernt hat, war es die im Personenbahnhof, da sie aus der Natur der Sache am Ende des Bahnhofs lag. Die andere lag meistens in der Nähe von Bekohlungsanlage und Wasserkran, wo die Lok ohnehin würde vorbeifahren müssen.
Generell hat es alles irgendwann und irgendwie mal gegeben. Die Experten der Dampfära - Ihr Auftritt, Kollege @FelixM - könnte bestimmt zu einigen meiner Aussagen einen Bahnhof finden, der mich scheinbar Lügen straft. Aber davon bleiben es die Regeln bestätigenden Ausnahmen.
Außerdem darf man nicht vergessen, dass es auch etliche Schlepptenderloks gab, die rückwärts genauso schnell fahren durften wie vorwärts. Hier sei die Schlepptenderversion der LMS 2MT als Beispiel genannt, sofern der Tender Scheiben zum Schutz des Personals in die Richtung montiert hatte. Die hat man dann ggf. auch rückwärts aus der Branchline gefahren, um entweder vorwärts die Fahrt auf der Hauptstrecke fortzusetzen oder sie im größeren Knotenbahnhof an der Hauptstrecke zu drehen, wo die Drehscheibe stärker frequentiert war und deshalb erhalten wurde, während der Terminus seine verloren hatte, wenn es mal eine gab.
Viele Grüße Mirko
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Und die bekannteste ist die ehemalige Segmentdrehscheibe (sector plate) in GWR Birmingham Snow Hill Station am Ende von Bahnsteig 3 und 4. Sie existierte bis Ende der 1960er Jahre. https://www.warwickshirerailways.com/gwr/gwrbsh70.htm
"There are two ways of doing things: the Great Western way, or the wrong way. I'm Great Western and..." "Don't we know it!" (Duck and the big engines, Duck and the Diesel Engine)
Von der Ramsgate Harbour Station gibt es schöne Modellbahnanlagen, die den Flair der Station mit der prominenten Drehscheibe, kreisrund eingezäunt, rüberbringen.
Nicht wirklich. Wenn man die Weichen so einbaut, dass die Auszuglänge für die Lok am Bahnsteig ist, beträgt der zusätzliche Platzbedarf verglichen zur Segmentdrehscheibe die Entfernung von Weichenzugenspitze bis Grenzzeichen bei weniger Baukosten und weniger Wartungsaufwand. Wahrscheinlich mit ein Grund, warum Lösungen mit beweglichen Gleisen für den Gleiswechsel im Terminus Exoten blieben.
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Hallo Wulf, vielen Dank, Bembridge ist das, was ich suche. Wird dann an die Westküste verlegt :-) . Es sieht übrigens nach einer richtigen Drehscheibe aus ?!
VG Joachim
@FelixM: wenn ich mir diese Fotos ansehe, wurde da richtig Platz gespart...