da meine Freundin je nach Sichtweise 1 Auslands-Semester (hiesige Zählweise) oder 2 -Trimester (dortige Zählweise) in Canterbury studiert, muss ich sie natürlich anlässlich ihres Geburtstages besuchen kommen. Am Donnerstag, dem 12. November geht es daher mit dem Billigflieger von Schönefeld nach Gatwick. Es schließt sich eine Bahnreise an: Mit Southern geht es erst von Gatwick Airport nach Redhill, wo ich in einen Southern-Zug nach Tonbridge umsteige. Von Tonbridge geht es mit einem Southeastern-Zug bis Ashford, von wo mich ein anderer Southeastern-Zug nach Canterbury bringt.
Canterbury selbst ist eine alte Stadt, gelegen in Kent, die viele Gebäude im Tudor-Stil aufweist. Dass sich im 16. Jhd. die beiden Kirchenprovinzen Canterbury und York von Rom losgesagt haben und daraufhin die anglikanische Reformation kam, sollte ebenfalls bekannt sein. Die Kathedrale von Canterbury ist jedenfalls das älteste christliche Gebäude in England, das noch steht.
Canterbury wird wie ein X von zwei Bahnstrecken durchschnitten, die jeweils einen Bahnhof am Rande der Innenstadt haben. Von Nordwest nach Südost (Dover) verläuft die Hauptstrecke der ehemaligen London, Chatham and Dover Railway (LCDR), von Südwest (Ashford) nach Nordost (Ramsgate) eine Nebenstrecke der ehemaligen South Eastern Railway (SER). Man kann allerdings nicht sagen, welche Strecke "wichtiger" und welche "unwichtiger" ist, denn obwohl die erstgenannte Strecke direkt in Richtung London führt, erreicht die ex-SER-Strecke in Ashford die High Speed 1, mit der man sehr schnell in Nordlondon ist. Daher fahren zwischen Ashford und Ramsgate über Canterbury neben Nahverkehrstriebwagen auch Javelins.
Der Bahnhof nördlich der Innenstadt heißt Canterbury West, der südlich der Innenstadt heißt Canterbury East. Das können sich nur Briten ausgedacht haben! Ersterer hatte mal ein schönes Reiterstellwerk und durchgehende Güterzuggleise zwischen den Bahnsteiggleisen, aber daon ist heute nichts mehr übrig.
Am Folgetag Freitag geht es abends über dieselbe Strecke zurück und sogar bis einen Bahnhof hinter Gatwick: Crawley. Der Bahnhof heißt aber Three Bridges. In Crawley treffe ich die Leute von der Crawley Model Railway Society (http://main.crawleymrs.org.uk/). Von diesen sind 4 ebenfalls FREMO-Mitglieder. Ich freue mich auf einen interessanten Abend dort mit viel Modellbahn.
Nach einer Übernachtung bei privat in Crawley geht es am Samstag Vormittag zurück nach Canterbury. An Wochenenden besteht wegen Bauarbeiten Schienenersatzverkehr mit Bussen zwischen Ashford und Ramsgate. Statt ein drittes Mal über dieselbe Strecke zu fahren und auch noch Bus fahren zu müssen habe ich eine alternative Route ausfindig gemacht. Sie führt über London. Da sowohl Züge von Gatwick (zu dem ich von Three Bridges aus eine Station vorfahren muss) als auch Züge nach Caterbury zum/vom Londoner Kopfbahnhof Victoria fahren, werde ich Südlondon sehen. Was man dabei beachten muss: Eine Fahrkarte zum Erreichen eines Londoner Kopfbahnhofs ist teuer. In diesem Falle wäre es eine Verdopplung, statt 20 GBP müsste ich 40 zahlen für eine Fahrt. Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich herausgefunden habe, wie man das umgehen kann: Eine Station vor Victoria in Clapham Junction aussteigen, drei Stationen London Overground ("S-Bahn") fahren und dann in der Weltmetropole Denmark Hill meinen Zug nach Canterbury besteigen. Sehr hilfreich war dabei die Internetpräsenz von Southeastern. Auf diese Weise lerne ich die ex-LCDR-Strecke ebenfalls kennen.
Am Sonntag ist der Geburtstag meiner Freundin. Am darauffolgenden Montag geht es erst mit dem Bus nach Margate im Nordosten Kents. Dort schließt sich eine Wanderung zur besonders malerischen Bucht Botany Bay an. Diese ist ein Geheimtipp, den man auch im Internet nicht häufig findet, da es eine gleichnamige Bucht in Australien gibt. Nach Tea and Scones in Ramsgate geht es zurück nach Canterbury. In Margate wäre noch das Hornby Visitor Centre, welches aber auf eine Erschließung mit dem Auto ausgerichtet ist, mit dem meine Freundin und ich leider nicht dienen können. Für Studenten der Kent University bietet es sich eher an, ein pauschales Studententicket bei Stagecoach South East zu kaufen. Anders als in Deutschland gibt es keinerlei Integration von Bahn & Bus, mit dem Busticket hat sie sich quasi gegen die Bahn entschieden. Von Dritten habe ich allerdings gehört, dass in Notsituation wenn ein Bus auszufallen droht die Busunternehmen sozusagen als "Busersatzverkehr" Bahntickets austeilen.
Am Montag Abend geht es dann noch einmal auf die Reise, die Canterbury Model Railway Society (http://www.ccmrs.ic24.net/) ruft. Dazu fahre ich mit dem Nahverkehrszug auf der ex-LCDR-Strecke bis Snowdown und laufe noch einen Kilometer. Snowdown ist ein berühmter ehemaliger Standort eines Kenter Kohletagebaus, ansonsten gibt es dort wirklich nicht viel zu sehen. Da sich die Canterburyer Modellbahner für modulare Anlagen interessieren, wird es bestimmt ein schöner Abend. Notiz am Rande: Die Einzelfahrt Canterbury Snowdown kostet 4,50, ein Ticket für Hin- und Rückfahrt aber nur 4,90 GBP.
Dienstag geht es dann wieder über Ashford, Tonbridge und Redhill zurück nach Gatwick, von wo aus der Flieger zurück nach Schönefeld fliegt.
danke für deinen ersten Bericht zu Canterbury, bin schon auf die Fotos gespannt. Ich kenne die Stadt sehr gut und war über die Jahre wohl schon dutzende Male vor Ort, über 10 Jahre als Reiseleiter in UK, dann in meinem "Zivilberuf" mit Students in unserer Partnerschule Stafford House (New Dover Road). Dort werde ich auch wieder im März 2016 für 10 Tage sein und meinen Aufenthalt mit der Ally Pally-Show in London kombinieren. Stimmt das wirklich, dass das Reiterstellwerk in C-West nicht mehr existiert? Als ich vor 4 Jahren dort war, waren zwar die besagten Gütergleise schon weg, das Stellwerk existierte aber noch. Übrigens gibt es bei der East-Station auch ein bemerkenswertes Stellwerk. Bei der West-Station kann man im alten Goods-Shed ganz gut essen, dort bieten lokale Farmer ihre Erzeugnisse an - das ist jetzt so eine Art Markthalle mit Eisenbahnbezug.
2013 war ich zuletzt in Canterbury, da stand das Stellwerk noch und war, wie Teile des Bahnhofs, renoviert worden. Die Jahre zuvor war die weiße (?) Farbe sehr abgeblättert, doch 2013 strahlte es in, man staune, in Southern Green und Gelb. Ein Foto liegt bei.
Greetings,
Wulf
"There are two ways of doing things: the Great Western way, or the wrong way. I'm Great Western and..." "Don't we know it!" (Duck and the big engines, Duck and the Diesel Engine)
Hallo Wulf, na dann bin ich aber froh darüber, dass das Stellwerk noch existiert - ich war 2011 dort und da war es in keinem guten Zustand (abgeblätterte Farbe und verrostet) - schön, dass man eine Renovierung gemacht hat. Werde im März sicher mal bei der West Station vorbeischauen (obwohl ich nahe Canterbury East wohne).
Also das Stellwerk steht noch. Da ich aber viel nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs bin und auch bei Tageslicht trotzdem November mit dem dazugehörigen Wetter ist, muss ich die Fotos allesamt nachbearbeiten, was ich erst wenn ich wieder zurück bin tun werde. Hervorragende Aufnahmen sind keine dabei, das kann ich schon mal verraten, eher Sichtungsbilder.
Ich bin insgesamt 5x Bahn gefahren, drei mal Three Bridges/Gatwick <Southern> Redhill <Southern> Tonbridge <Southeastern> Ashford <Southeastern> Canterbury West, ein Mal Three Bridges Canterbury East über Südlondon (dazu später mehr) und einmal Canterbury East <Southeastern> Snowdown. Insgesamt hat nur die letzte Fahrt gestern von Canterbury West nach Gatwick geklappt, wie sie sollte. Alle anderen haben mich verspätet und/oder Züge verpassen lassen.
Am Donnerstag bin ich schneller durch die Kontrollen in Gatwick gekommen als gedacht, so dass ich dort die Verbindung eine halbe Stunde früher als geplant erwischt habe. Allerdings löste sich die Freude in Redhill sehr schnell auf. Der Zug der Redhill Line (gelb auf dem schematischen Übersichtsplan von Southern) sollte ~18:10 dort ankommen und getrennt werden. Die vorderen 4 Wagen sollten 18:13 weiter nach Three Bridges (die Richtung, aus der ich gerade kam) fahren, die mittleren 4 Wagen 18:17 nach Tonbridge abfahren (meine Richtung) und die letzten 4 Wagen nach Reigate fahren (ist nur 1 Station). Das hat hinten und vorn nicht funktioniert. Der ZUg kam erst 18:14 in Redhill an und brauchte sehr lang zum Trennen. Somit ging die Fahrt mit 8 min Verspätung weiter. Da der nächste Umstieg in Tonbridge mit 8 min recht knapp war und aufgrund des Betreiberwechsels dort (nach Ashford fährt nur Southeastern) die Aussichten auf einen wartenden Zug eher schlecht sind, fiel ich dort in meine ursprünglich geplante Fahrplanlage eine halbe Stunde später zurück. Southeastern fuhr pünktlich weiter, so dass ich in Canterbury zum Glück niemanden warten lassen musste. Ich hatte somit 30 min Gesamtverspätung, der Schuldige war Southern.
Am nächsten Tag auf der Fahrt zurück ging bis Redhill alles glatt, dort jedoch wurde mein Zug entlang der Brighton Main Line als "cancelled" angezeigt. Glücklicherweise kam etwa 15 min später ein Mainline West Service (blau auf dem Netzplan), der in Redhill hielt (tun nicht alle) und mit dem ich bis Three Bridges fahren konnte. Der Zug endete in Horsham (spricht sich Hor-sham). Der Abstand zwischen den Redhill Services und den in Redhill haltenden Mainline West Services ist eigentlich 15 min (beide halbstündlich), da der Horsham-Zug aber selbst 5 min Verspätung hatte, war Southern für 20 min Verspätung schuldig, die leider mein dortiger FREMO-Kontakt auf mich warten musste.
Am nächsten Tag, dem Samstag, ging es schon mal gut los, denn als ich um 09:33 Uhr Ortszeit in die Bahnhofshalle hastete, dachte ich schon, dass ich den Zug 09:33 nach London Bridge verpassen täte. Dem war aber nicht so, der Zug hatte 5 min Verspätung. In East Croydon stieg ich um, denn ich musste um in das Southeastern-Netz zu kommen, Richtung London Victoria fahren. Leider "Mark I" wurde der Zug dorthin gecancelt und von einem Gatwick-Express-EMU ersetzt, und leider "Mark II" war die direkte Strecke von East Croydon nach Belham über Selhurst und Streatham Common wegen Bauarbeiten gesperrt, was aber nicht im Voraus angekündigt wurde und ich erst in East Croydon erfuhr. Es begab sich also, dass ich noch einen Stehplatz in der 10-Wagen-Ersatzgarnitur, die für den ursprünglich vorgesehenen 12-Wagen-Zug eingesprungen war und East Croydon mit ~20 min Verspätung verließ, und weitere ~15 min Verspätung sammelte bei einer ungeplanten Stadtrundfahrt über Norwood Junction, Crystal Palace und West Norwood. Diese Strecke war ziemlich überlastet mit dem zusätzlichen Verkehrsaufkommen, teilweise standen die Züge nebeneinander, insbesondere am Ende von 4-gleisigen Abschnitten, und es ging meist nur langsam vorwärts. Die GatEx-EMUs beschleunigen leider auch nicht sehr stark. In Clapham Junction angekommen nahm ich die London Overground Richtung Highbury & Islington (besser bekannt als East London Line), welche im Viertelstundentakt fährt, wobei ich dort schon 45 min hinter Plan war. In Denmark Hill angekommen, ein kleiner Haltepunkt, habe ich die verbleibende Wartezeit auf meinen stündlich verkehrenden Zug genutzt, um Fotos zu machen. Ich hätte auch eine Overground später nehmen können und stattdessen in Clapham Junction verweilen können, jedoch habe ich in Denmark Hill einige interessante Züge gesehen. Schließlich ging es mit einem pünktlichen 4-teiligen Networker (Class 465, ich glaube unrefurbished) nach Canterbury East. Die Verspätung von 60 min ging abermals auf die Kappe von Southern, und wieder musste ich jemanden warten lassen, allerdings war die Verspätung zum Glück recht früh absehbar.
Am Montag bin ich abends von Canterbury East drei Stationen bis Snowdown gefahren, wo mich mein Kontakt von der Canterbury MRS abgeholt hat. Alles schien zunächst gut, bis ich entdeckte, dass dieser Zug ab 18:35 an diesem Tag operativ alle Stationen zwischen Canterbury und Dover ausließ. Ich habe im Bahnhof mehrfach nachgefragt, aber als dann die automatische Ansage verkündete, dass die Halte heute ausfielen, habe ich es aufgegebenzu versuchen, die Mannschaft umzustimmen. Auf diese "billige" und sehr unerwartete Art habe ich 35 min Verspätung gesammelt, da ich mit dem nächsten Zug eine halbe Stunde später fahren musste und dieser 5 min verspätet war. Leider musste ich so erneut jemanden warten lassen, diesmal war aber Southeastern Schuld.
Gestern bin ich dann von Canterbury West über Ashford, Tonbridge und Redhill zurück nach Gatwick gefahren. Alles funktionierte, wie es sollte, keine Verspätungen.
FAZIT: Bahnfahren in UK macht Spaß und steckt voller Überraschungen, es sei denn man ist darauf angewiesen, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort anzukommen. Mir hat es sehr gefallen, was es dort für eine Vielfalt im Betrieb gibt, außerdem habe ich endlich das 3rd-Rail-Netzwerk kennengelernt.
Da hattest Du wohl Pech oder ich Glück. Aber Du hattest in einer Woche mehr Verspätung als ich bei allen meinen UK-Aufenthalten zusammen. Größte "Einzelleistung" bei mir sind 65 Minuten von Cardiff nach Reading, als der Zug wegen Ausfall der Severn Pump Stations über Gloucester geleitet werden musste. FGW hat die 120 aber erfolgreich verhindert, indem sie den Anschluss nach Gatwick in Reading haben 12 Minuten warten lassen, damit die Leute aus dem HST den Anschluss noch bekommen. Ich war nicht der einzige, der da hin wollte...
Dann hatte ich noch mal 15 Minuten von Victoria nach Hastings und der Rest bewegte sich unter 5 Minuten...
Viele Grüße Mirko
----------------------------------------------------------------------- Darganfyddwch Sir Frycheiniog ag Reilfford Dyffryn Wysg Discover Brecknockshire on the Usk Valley Line
Hallo Felix, vielen Dank für die vielen Fotos, v. a. die Bilder vom Model Railway Club haben mir besonders gefallen (vom schweizerischen IC mit den EWIV-Wagen mal abgesehen ). Britische Layouts haben etwas Besonderes, da können kontinentale Anlagen nur schwer mithalten, finde ich.
Hallo Felix, auch von mir Danke für die Photos. Am besten fand ich auch die vom Layout und von Canterbury. Wenn ich noch mal in der Ecke bin, mach ich da auf jeden Fall Halt.