Mitte November 2008 war ich zum ersten Mal auf der Modellbahnausstellung in Kaltenberg (bei Landsberg). Dort sah ich zu meinem Erstaunen eine englische Modellbahnanlage in Baugröße 00 nach GWR/WR-Vorbild, die mich an meine Schulzeit in Cornwall erinnerte. Noch erstaunlicher für mich: der Betreiber war kein Brite, sondern Deutscher. So lernte ich Blackmoor Vale, Torsten Freyer und mybritishrail.de kennen.
Zwar hatte ich eine kleine Sammlung von GWR-Fahrzeugen, die ich in den 70er und 80er Jahren bei verschiedenen Urlauben in England als Souvenir der Museumsbahnen gekauft hatte, wollte aber damit wegen der mangelhaften Qualität (schlechte Fahreigenschaften, Detaillierung) und der veralteten Technik (keine Kurzkupplungen) keine Anlage bauen. Außerdem hatte ich keinen Platz für eine zweite Modellbahnanlage, da ich gerade meine deutsche H0-Anlage Bad Albsee (siehe Continental Modeller / August 2009 bzw. eisenbahn magazin / Mai 2011) fertiggebaut hatte.
Torsten versicherte mir, dass sich in den letzten Jahren Qualität und Technik der britischen Modelle erheblich verbessert hatten. Bezüglich Platzbedarf beschloss ich, dahin zu gehen, wo es Platz gibt, d.h. eine transportable Modulanlage für Ausstellungen zu bauen. Ich besorgte mir verschiedene Modellbahnzeitschriften und -kataloge aus England und entwarf nach einjähriger Planung eine aus sechs Modulen bestehende „Kernanlage“, die gerade noch in mein Arbeitszimmer passen würde und die ich bei Ausstellungen verlängern könnte. Nach Fertigstellung des Unterbaus wurde im Herbst 2010 mit dem Bau begonnen.
So ist Queensbridge entstanden. Die Anlage in Baugröße 00 stellt eine verkehrsreiche eingleisige Bahn im südlichen Devon Anfang der 1960er Jahre (englische Epoche 5 = Transition Era) dar, die von der Hauptmagistrale London—Penzance am gedachten Knotenpunkt Halston abzweigt und am Kopfbahnhof des Badeorts Queensbridge an der Einmündung des Flusses Wexe in den Ärmelkanal endet. Auf der gegenüberliegenden Seite der Einmündung liegt das malerische Fischerdorf St Aubyn, das durch eine kleine Stichbahn mit Queensbridge verbunden ist.
Vorbild für Queensbridge war betriebsmäßig der Kopfbahnhof Kingswear am Ende der eingleisigen Dartmouth Steam Railway von Paignton; der Name stammt von Kingsbridge, gelegen am Ende der 1963 geschlossenen Nebenbahn von Brent, auch im südlichen Devon. St Aubyn ist dem Fischerdorf Brixham nachempfunden, das am Ende einer auch 1963 geschlossenen Nebenbahn liegt, die in Churston von der Strecke Paignton—Kingswear „rückwärts“ abzweigte.
An Samstagen im Sommer bringen sechs Feriensonderzüge Tausende von Urlaubern – nicht nur aus dem Großraum London, sondern auch aus den Industriestädten Nord- und Mittelenglands – an die sonnigen Strände von Queensbridge. Mit den häufig verkehrenden Personenzügen erreichen Pendler, Ausflügler und Kauflustige direkt bzw. nach Umsteigen in Halston die naheliegende Regionalhauptstadt Exeter.
Die U-förmige Anlage besteht im Grunde genommen aus drei Kopfbahnhöfen: Queensbridge, St Aubyn und dem Fiddle Yard. Der Fiddle Yard ist durch eine 15 cm hohe Zwischenkulisse von St Aubyn optisch getrennt. Eine höher liegende, mit Skaledale-Gebäuden gesäumte Straßenecke mit zwei Tunnelportalen kaschiert die engen Kurven nach der Weiche, die die Strecken nach St Aubyn bzw. dem Fiddle Yard verbindet. Queensbridge und der Fiddle Yard sind jeweils mit einer Drehscheibe von Roco bzw. Hornby ausgestattet. Mit vier Loks und zwei D-Zug-Garnituren können also im Fiddle Yard bis zu acht verschiedene Schnellzüge gebildet werden.
Den von mir gesetzten Termin zur Fertigstellung der Anlage – Kaltenberg 2011 – habe ich weitgehend eingehalten. Aus Zeitgründen wurde das Gleismaterial (Peco Streamline Code 100 sowie Setrack) nicht richtig eingeschottert, sondern mit brauner Farbe gestrichen und auf grauer Schottermatte verlegt. Es kann jederzeit nachgeschottert werden, aber das vorliegende Ergebnis sieht gar nicht schlecht aus, das Ganze ist nicht so schwer und erleichtert den Austausch von Gleisen und Weichen. Die Hintergrundkulissen sind nicht ausgestaltet, sondern nur hellblau gestrichen. Es hat sich bei der Ausstellung herausgestellt, das die Höhe der Hintergrundkulissen (23 cm über der Grundplatte) zwar für manche Besucher die Sicht auf die Anlage einengte, aber als Schutzmaßnahme notwendig war, da die Anlage zwischen zwei Gängen platziert wurde. Die Außenkulissen werden also künftig durch niedrigere Akrylglasscheiben ersetzt. Für die Ausstellung wurde die Anlage in der Mitte mit drei zusammengesetzten Hornby-Viadukten um einen Meter verlängert.
Die Formsignal-Attrappen von Hornby werden demnächst durch elektrisch betriebene Formsignale von Dapol bzw. durch Ratio-Signale mit Peco-Weichenantrieben ersetzt.
Folgende Lokomotiven bzw. Triebwagen kommen zum Einsatz:
Dampflokomotiven Bachmann 45XX Prairie Tank Bachmann 87XX Pannier Tank Bachmann Class 3MT Tank Hornby Castle Class Swindon Bachmann Hall Class Guild Hall Bachmann Class 9F Evening Star
Diesellokomotiven und –triebwagen Hornby Class 08 Diesel Shunter Bachmann Class 42 Warship Champion maroon Bachmann Class 42 Warship Zenith green Hornby Class 121 Bubble Car Hornby Diesel Railcar W22W green (Flying Banana)
Außerdem verkehren auf der Anlage zwei 4-teilige Garnituren aus Bachmann MK 1 Coaches in Chocolate & Cream bzw. Maroon (mit WR-Betriebsnummern, exclusiv bei Cheltenham Model Centre), eine 2-teilige Garnitur aus Bachmann Collett Coaches in Maroon sowie acht Güterwagen von Bachmann mit einem grauen Toad.
das ist ja schön zu sehen, was mein Auftreten 2008 in Kaltenberg bewirkt hat! Also war es doch nicht umsonst... Und du wirst mir mir übereinstimmen, die britische Eisenbahn ist mit Abstand die interessanteste auf der Welt. Da ist es fast schon Pflicht, etwas britisches zu bauen.
Es ist gut, daß du von vornherein dein Layout "austellungsbereit" konzipiert hast. Denn die britische Modellbahn live zu sehen ist immer noch das beste Überzeugungsmittel.
Dein Fuhrpark ist ja so was von "Western Region", mehr geht eigentlich gar nicht. Gut recherchiert, ich habe am Anfang kreuz und quer durch die Kataloge gekauft. Und jetzt schleppe ich mich teilweise noch damit herum, das nicht passende Material möglichst ohne große Verluste unters Volk zu bringen. Was vielleicht noch gut wäre, wenn du ein paar mehr Güterwagen verkehren lassen würdest. Da kann man auch mal nach Bausätzen von Parkside Dundas, Ratio oder Slaters schauen. Das sind Kunststoffbausätze und ein gutes Übungsprojekt. Da in Großbritannien die Güterwagen natürlich auch über die Grenzen der Regionen von British Railways verkehrten, kann man deshalb auch Vorbilder der LNER, LMS oder SR wählen.
Die Anbindung des Güterschuppens, das Lademaß davor, alles paßt zusammen. Ich finde es schön, daß du auch an die Kleinigkeiten wie Briefkästen, Telefonzellen oder auch den Zeitungskiosk auf dem Bahnsteig gedacht hast. Auf den ersten Blick sieht man es nicht, daß es Code 100 Gleise sind. Ich würde sie aber an deiner Stelle dennoch einschottern, das sieht doch noch besser aus. Auf die Semaphore-Formsignale von Dapol warte ich auch. Von Versuchen Ratio-Signale mit Peco-Antrieben auszustatten kann ich dir abraten, es ist eine furchtbare Fummelei. Und auch mit Viessmann-Antrieben ist es nicht viel besser.
Wie wird deine Anlage eigentlich gesteuert, fährst du analog oder digital? Und was für Weichenantriebe verwendest du?
Für nächstes Jahr habe ich auch wieder eine Ausstellungsteilnahme in Kaltenberg eingeplant. Es war eine sehr familäre Atmosphäre dort und einiges fachkundiges Publikum. "Suffridge" ist bis dahin bis ins letzte Detail fertig gestellt, und ich wollte schon immer mal wieder in Süddeutschland ausstellen.
Bevor ich deine Fragen beantworte, möchte ich noch meine Modulkästen kurz vorstellen. Die „Kernanlage“ besteht aus drei Modulpaaren, die einzelnen Module eines Paares haben jeweils dieselben Abmessungen. Das sind bei Modulpaar A (Bahnhof Queensbridge) 40 × 105 cm, bei Modulpaar B (Kirche/Cottages/abnehmbare Straßenecke mit Tunneln) 35 × 75 cm und bei Modulpaar C (Bahnhof St Aubyn mit Fiddle Yard) 45 × 105 cm. Jedes Modul besteht aus einer 8 mm starken Sperrholzplatte auf einem Leistenrahmen mit Querschnitt 14 × 60 mm. An einer Längsseite ist jeweils eine Hintergrundkulisse aus Möbelrückwand (Hartfaserplatte, 5 mm, einseitig weiß) angeschraubt. Die Module werden mittels Flügelschrauben M6 mit Unterlegscheiben und Flügelmüttern miteinander verbunden.
Zum Transport bzw. zur Aufbewahrung werden zunächst die beiden Module eines Paares getrennt und die beiden Kopfplatten (aus Multiplex-Sperrholz, 9 mm) mit jeweils zwei Linsenzylinderschrauben M6 mit Unterlegscheiben und Flügelmuttern befestigt (Bild 1). Anschließend werden die beiden Module um ihre Längsachse gedreht und übereinander geschoben. (Bild 2). Zum Schluss werden die restlichen vier Schrauben eingesetzt. So erhält man einen stabilen, staubdichten Kasten (Bild 3). Die Linsenzylinderschrauben für die Kopfplatten benutzen dieselben 6 mm- Bohrungen im Leistenrahmen wie die Flügelschrauben, die die Module miteinander verbinden.
Ich habe die Gleise vorerst auch nicht eingeschottert, weil ich damit gerechnet habe, dass nach der Ausstellung in Kaltenberg einige Änderungen an der Anlage notwendig werden. So ist Gleis 2 in Queensbridge (das kürzere Bahnsteiggleis) so kurz, dass die Tenderlok beim Umsetzen die Personenwagen streift. Deswegen wird u.a. das Empfangsgebäude von Metcalfe durch den kürzeren Hornby Skaledale GWR Station R9666 (mehr darüber demnächst) ersetzt und die beiden Gleise zwischen den Weichenverbindungen entsprechend verlängert. Nach dem Umbau wird dann richtig eingeschottert.
Ich fahre digital mit zwei roten Roco-multiMaus-Handreglern, damit ich mit den Zügen mitlaufen kann. Zu Hause habe ich noch ein multiMaus-Pro-System mit einem blauen drahtlosen Handregler, mit dem ich sämtliche CVs bearbeiten kann.
Die Weichen im Fiddle Yard sind mit dem Side-Mounted Turnout Motor PL-11 ausgerüstet. Die sichtbaren Weichen haben den Weichenantrieb PL-10E mit dem langen Stift in Verbindung mit der Mounting Plate PL-9, da muss man nur ein Loch 10 mm in der Grundplatte bohren. Da bei einigen Weichenverbindungen zwei PL-10E gleichzeitig betätigt werden (Gesamtstromaufnahme > 3 A bei 16 V!), werden sämtliche Weichen von einem eigenen 70 VA-Trafo von Conrad versorgt und mittels zwei Metallstiften PL-17 in Verbindung mit seitlich im Leistenrahmen angebrachten M3-Senkkopfschrauben mit Unterlegscheiben, Rundkabelschuhen und Sechskantmuttern (alles aus Messing!) analog geschaltet.
Zitat von IsambardZum Transport bzw. zur Aufbewahrung werden zunächst die beiden Module eines Paares getrennt und die beiden Kopfplatten (aus Multiplex-Sperrholz, 9 mm) mit jeweils zwei Linsenzylinderschrauben M6 mit Unterlegscheiben und Flügelmuttern befestigt (Bild 1). Anschließend werden die beiden Module um ihre Längsachse gedreht und übereinander geschoben. (Bild 2). Zum Schluss werden die restlichen vier Schrauben eingesetzt. So erhält man einen stabilen, staubdichten Kasten (Bild 3). Die Linsenzylinderschrauben für die Kopfplatten benutzen dieselben 6 mm- Bohrungen im Leistenrahmen wie die Flügelschrauben, die die Module miteinander verbinden.
Das erinnert mich daran, dass ich gern eine Ergänzung in der 00-Modulnorm hätte, welche sich mit der Höhe der aufeinandergesetzten Module beschäftigt. Ich plane mein persönliches Projekt nach dieser Norm und es wäre praktisch, sich nach einem verbindlichen Volumen für Doppelmodule richten zu können. Zum einen kann ich dann besser die Lagermöglichkeit von potentiellen Doppelmodulen besser abschätzen (Diese sind ja stapelbar, wodurch ich zu Hause grob geschätzt 20 Doppelmodule unterbringe), zum anderen könnte ich die Gebäude besser planen, da ich einige Hintergrund-Gebäude auf einen Bahnsteig stellen möchte.
Derek, deine Anlage ist schön und schlicht und entspricht deswegen genau meiner Vorstellung davon, sich seine eigene Welt zu erschaffen. Ist neben dem qualitativen Fortschritt noch quantitativer Zuwachs geplant?
ich denke wie Hoch so ein Doppelmodulkasten sein soll, das sollte nicht in einer Norm festgelegt werden. Es kommt ja auch darauf an, was auf den beiden Modulen dargestellt wird. Wenn z.B. nur Fiddleyard Module, dann braucht es rein theoretisch garkein Platz zwischen den Beiden. Wenn Du dagegen etwas stätisches baust, brauchst Du zwischen beiden Modulen natürlich mehr Platz, als wenn es sich um Streckenmodule mit niedriger Vegetation handelt.