für die Freunde von "British Steam" habe ich hier auch mal ein paar Fragen technischer Natur, die mir spontan eingefallen sind:
1. Welches ungewöhnliche und eigentümliche Designmerkmal der Merchant Navy Class erwies sich im Betrieb als sehr störanfällig und wurde deshalb später durch eine konventionelle Lösung ersetzt?
2. Wieso hatten die Heizer auf Loks der "Lord Nelson Class" einen im Vergleich zu anderen Loks recht schwierigen Job?
3. Die 3-Zylinder Schnellzug-Verbundloks von Francis Webb gehören zu den am meisten kritisierten englischen Dampfloktypen. Ein exotisches Merkmal waren die beiden ungekuppelten Antriebsachsen, die sich häufig, besonders beim Anfahren, nicht synchron drehten. Gab es noch weitere englische Loks mit ungekuppelten Antriebsachsen und falls ja, welche?
zu Frage 1: Die die Pacifcs hatten eine von Bulleid erfundene, über Ketten angetriebene Ventilsteuerung der Zylinder die später gegen die konventionelle Walchearts Steuerung ersetzt wurde. Diese Antrieb war sehr störanfällig neigte in seltenen Fällen sogar zum brennen! Bulleid hat zwar eine sehr moderne Lokfamilie entwickelt aber an die Leistungen der Konkurenz von Gresley oder Stanier kam seine Konstruktion nicht heran.
und Glückwunsch - deine Antwort zu Frage 1 stimmt genau!
Es ist eigentlich komisch, dass sich Kettenantriebe bei der Eisenbahn sehr häufig nicht bewährt haben (außer vielleicht bei den kleinen Sentinel shuntern). Bei Bulleids Konstruktion war aber auch der Kettengetriebekasten mitverantwortlich für die Schwierigkeiten - mitunter lief das Öl aus oder es kam Dreck hinein. Beides war für die Lebensdauer der Kette nicht gerade förderlich. Dabei müsste es doch auch zuverlässig machbar sein - bei Automotoren sind Kettenantriebe für die Ventilsteuerung (sprich Nockenwellen) schon lange Stand der Technik...
bin zwar nicht der Dampflokexperte aber ich habe mal was gehört das wenn die Feuerbüchse eine entsprechende Größe hat, können sich "kalte Nester" entwickeln und der Kessel läuft nicht 100% - ich denke das nur speziell geschultes Heizpersonal auf der "Lord Nelson" Class fahren durfte!
deine Vermutungen gehen schon in die richtige Richtung, Dampfmangel war tatsächlich ein latentes Problem der "Lord Nelsons" und die Beschickung der Feuerbüchse verlangte von den Heizern einige Erfahrung und Mühe ab, damit nicht das passierte, was du beschrieben hast. Allerdings ist die Sache noch ein wenig komplexer. Der Hauptgrund für die Mühen der Heizer lag in einem Konstruktionsmerkmal, das recht ungewöhnlich ist. Die "Lord Nelson" Class war eine Vierzylinderlok, bei der man die Kurbeln auf der Treibachse nicht in gewohnter Weise jeweils um 90° versetzt angeordnet hatte (so ergeben sich bei einer Radumdrehung 4 Zylinderhübe (und ebensoviele Auspuffschläge), sondern wo man die Kurbeln um 135° versetzt hatte. So ergaben sich pro Radumdrehung auf einmal 8 Zylinderhübe und Auspuffschläge, die ein ungewöhnliches Fahrtgeräusch ergaben. Auf diese Weise lief die Lok sehr ruhig und erschütterungsarm, was aber auch bedeutete, dass die Kohle auf dem Feuerrost nicht durch die Erschütterungen "von selbst" nach vorne (in Fahrtrichtung) herunterrutschte, sondern die vorderen (bzw. von der Feuertür gesehen hinteren) Partien durch kräftiges Weitwerfen der Kohle beschickt werden mussten. Und die wenigen Vibrationen hatten auch zur Folge, dass die Kohle im Tender auch nicht so gut in Richtung Führerhaus rutschte und bei zur Neige gehenden Kohlevorräten im Tender der Heizer sich die Kohle oft noch nach vorn zum Führerhaus holen musste, was natürlich auch zusätzliche Arbeit bedeutete. Also - wie man sieht, hatten die Heizer die Nachteile des an sich ja erstrebenswerten ruhigen Laufes auszubaden...
nachdem zur dritten Frage kein Lösungsvorschlag gekommen ist, will ich eine Antwort darauf geben.
Es hat wenigstens eine "Klasse" aus 6 Lokomotiven des Schemas 4-2-2-0 bei der LSWR gegeben, bei der es, wie bei den 3Zylinder-Verbundloks von Francis Webb, zwei ungekuppelte Antriebsachsen gab. Dugald Drummond war der Konstrukteur und die erste Lok, die No. 720, erschien 1897. Äußerlich hatten die Loks Ähnlichkeit mit der Klasse D15. Im Gegensatz zu Webb's Verbundloks hatten Drummond's "double singles" 4 Zylinder. Die beiden inneren trieben die erste Antriebsachse, die beiden äußeren die zweite Antriebsachse an. Von diesen Loks sind solch eklattante Anfahrprobleme wie bei Webb' Verbundloks nicht bekannt (wo man mit der Brechstange nachhelfen musste), jedoch neigten Drummond's "double singles" auch sehr stark zum Durchdrehen einzelner Achsen beim Anfahren. Drummond hatte die Kuppelstangen weggelassen, weil er sich davon weniger Reibungsverluste versprach, aber auch, weil der lange Achsstand der Lok zu sehr langen Kuppelstangen geführt hätte. Und solch lange Kuppelstangen waren derzeit wegen der hohen Schwingbelastungen nicht ganz unproblematisch. Die Loks waren nicht erfolgreich und so blieb es bei einer Gesamtzahl von 6.