das Erbe britischer Eisenbahningenieure verschwindet: mit dem heutigen Tag wurde wieder ein bedeutender Streckenabschnitt der österreichischen Südbahn auf Rechtsverkehr umgestellt. Diesmal handelt es sich um den Abschnitt von Payerbach-Reichenau bis Bruck/Mur, damit wurde auch die weltberühmte Semmeringbahn - das Werk von Carl Ritter von Ghega - vom "englischen" Linksverkehr auf Rechtsfahren umgestellt.
Da ich gegen Ende der Woche an meinem Zweitwohnsitz in der Steiermark zu tun hatte, kam ich gestern Nachmittag sozusagen das letzte Mal in den Genuss, die Strecke über den Semmering im Linksverkehr zu befahren - unterwegs war ich zwischen Mürzzuschlag und Wien mit dem CD-Railjet 370, der super pünktlich unterwegs war und Dank einer freien Bahnsteigkante in Wien-Meidling dort sogar 2min früher als geplant eintraf.
Damit schwindet der Linksverkehr in Österreich weiter und es verbleibt bis auf weiteres nur mehr der Abschnitt zwischen Bruck/Mur und Graz "Englisch" - mit dem Vollausbau der Südachse bestehend aus Semmering-Basistunnel und Koralmbahn (SBT & KAB) als HL-Strecke bis 250km/h werden bis spätestens 2026 alle "englischen" Abschnitte verschwunden sein.
Übrigens würde sich Carl Ritter von Ghega darüber freuen, wie sorgsam man mit der UNESCO-Welterbestrecke über den Semmering umgeht - 180 Züge pro Tag (Tendenz steigend) forderten in den letzten Jahren umfassende Renovierungsarbeiten. Vor allem zahlreiche steinerne Viadukte wurden sorgfältig renoviert, die Strecke sicherungstechnisch aufgerüstet und die Gleise erneuert. Damit ist man nun für die nächsten Jahre bis zur Inbetriebnahme des SBT gut gerüstet, auch danach wird die alte Ghega-Strecke wichtige Funktionen im Touristikverkehr und als Ausweichroute für den SBT (in Wartungsfenstern) haben. Ritter von Ghega hatte auch selbst einen Bezug zum Mutterland der Eisenbahn, hielt er sich immerhin einige Wochen im Rahmen einer großen Erkundungsreise vor dem Bau der Semmeringbahn in England auf. Dort holte er sich Know-how für seine weiteren Planungen, ehe er dann zu einer großen Amerikareise zur weiteren "Technologieerkundung" von Gebirgsstrecken aufbrach. Für diese Atlantiküberquerung bestieg Ghega im Hafen von Bristol den berühmten Raddampfer "Great Western" (1837 in Bristol gebaut) und war dabei von der Technik dieses von Isambard Kingdom Brunel (ab 1833 Chefingenieur der GWR) entworfenen Schiffes sichtlich beeindruckt.
Was allerdings bleibt ist der Linksverkehr im Modell - auf unserer Clubanlage in Wien-Meidling zum Thema Semmeringbahn fahren wir in der ÖBB Epoche IV/V selbstverständlich weiterhin traditionell "Englisch" .