dieses Foto entstand 1956 auf der Settle & Carlisle. Darauf ist der typische Aufbau einer viergleisigen Bahnstrecke in den 50er Jahren zu sehen: Außen die Gleise für den langsamen Verkehr und innen die für den schnellen. Die Schienen des vordersten Gleises sind sogenannte Bullhead Rails, das sind Schienen, deren Kopf dicker und breiter ist als ihr Fuß. Sie werden mit speziell geformten Schienenbefestigungen gehalten, die den Schienensteg fixieren. Zwischen Schienenbefestigung und Schiene ist ein Abstand haltender Block geklemmt. Man erkennt im Bildvordergrund gut, wie die Längsbewegung der Schiene bei Belastung diese Böcke aus ihrer ursprünglichen Lage herausbewegt hat.
Die inneren Gleise haben Flat-bottom Rail, also die auch aus Deutschland bekannte Form mit einem erheblich breiteren Schienenfuß als -kopf. Mithilfe einer Klammer drückt die Schienenbefestigung den Schienenfuß auf die Schwelle bzw. die Zwischenlage. Dadurch wird die gesamte Schiene mit mehr Elastizität gehalten, was Verschleiß vorbeugt. Diese Schienenbefestigung ist ähnlich zum deutschen KS-Oberbau. Man erkennt gut, wie das Gleis im Hintergrund vor der Weiche von Flat-bottom auf Bullhead Rail übergeht. Weichen mit Flat-bottom Rails sind anscheinend nicht so schnell eingeführt worden.
Die Signal Box, welche vor BR-Zeiten gebaut sein muss, da sie kein BR-Standard-Typ ist, kontrolliert alle Signale auf diesem Foto. Man erkennt im Hintergrund das Signal des mittigen Gleises, welches gerade wieder in Haltlage gebracht worden sein muss, und daneben halb verdeckt das Bracket Signal des außenliegenden Gleises. Da die Weichenverbindung einen Abzweig nach rechts darstellt, ist das aus Triebfahrzeugführer-Sicht rechte Signal niedriger angebracht als das linke, welches für die Geradeausfahrt genutzt wird. Ganz links sieht man das Signal der Gegenrichtung. Da Signale mit Seilzügen oder Stangen angetrieben wurden, standen die Signale der einen und die der anderen Richtung nie weit entfernt voneinander, damit diese von derselben Signal Box bedient werden konnten. Anhand der Häubchen auf den Mästen erkennt man, dass es sich nicht um BR-Masten handelt, sondern wohl um LMS- oder sogar MR-Masten. Dass hier überall Lower Quadrants angebracht sind, also Signale, die in der Fahrtstellung nach unten und nicht nach oben gehen, deutet ebenfalls auf ein hohes Alter dieser.
Rechts sieht man im äußeresten Gleis eine Weiche besonderer Bauart, a Catch Point. Catch Points sind Federweichen, die entgegen der normalen Fahrtrichtung eingebaut sind und permanent auf Abzweig stehen. Sie wird im normalen Betrieb nicht umgestellt, sondern von jedem Zug aufgeschnitten. Ihr Sinn ist es, ein eventuell rückwärts laufendes Fahrzeug wie etwa den Schluss eines entkuppelten Güterzuges zum Entgleisen zu bringen, ehe andere Züge in diesem Bereich in Gefahr gebracht werden. Für den Fall, dass außer der Reihe auf diesem Gleis entgegen der normalen Fahrtrichtung gefahren werden muss (etwa bei Blockierung der anderen Streckengleise), befindet sich auf der Signal Box eine Klammer, mit der die Weiche in der geraden Stellung festgelegt werden kann.
Und schlussendlich lässt der Kasten am linken Rand in Verbindung mit den unrelmäßigen Schienenverbindern im Hauptgleis auf den Einsatz von Track Circuits (Gleisstromkreise) in der Leit- und Sicherungstechnik schließen.
schönes Bild ... insbesondere mag ich solche Lokexoten und wie eben dieser Prototyp der Class 55 mit dem einmaligem Sound der Napier Diesel ... leider ist das Bild "stumm"
In der Tat sind solche Bilder wichtige Anregungen für Modelleisenbahner unseres Genres. So kann man auch getrost z. B. Gleismaterial verschiedener Hersteller nebeneinander verwenden. Den Deltic Prototyp nebst Schnittmodell des Napiers sah ich Mitte der neunziger im NRM. Und auf youtube kann man ja den gewaltigen sound der Maschine hören, wenn der Diesel den Fahrmotoren mitteilt, das es jetzt los geht. Noch eine Anmerkung zu Felix´Beschreibung: Das sechseckige Mastschild am linken Signal ist der Indikator für track circuits.
Ich finde überhaupt immer wieder spannend, wieviele Informationen man selbst aus einem vermeintlich langweiligen Bild ziehen kann (wobei dieses hier auch sonst nicht langweilig ist). Da stört es mich auch immer wieder, wenn z. B. in den Drehscheibe-Online-Forem kritisiert wird, dass ein Bild leicht unscharf, farbstichig oder schräg aufgenommen ist - irgendeine spannende Kleinigkeit findet man darauf meist doch noch...
Zitat von FelixM im Beitrag #1[...] Die Signal Box, welche vor BR-Zeiten gebaut sein muss, da sie kein BR-Standard-Typ ist, kontrolliert alle Signale auf diesem Foto. Man erkennt im Hintergrund das Signal des mittigen Gleises, welches gerade wieder in Haltlage gebracht worden sein muss, ...
Wenn man genau hinsieht, hat der Stellwerker anscheinend gerade noch die Hand am Hebel...
Gruß, Martin
Die Suffolk & Eastern unterscheidet sich in vielen Dingen von anderen Bahngesellschaften - nicht zuletzt in der Frage ihrer Existenz.